asserdecke Es
liegt etwas so Geheimnisvolles in dem Treiben der Nixen.
Der Mensch kann sich unter dieser Wasserdecke so viel Süßes und zugleich so
viel Entsetzliches denken. Die Fische, die allein etwas davon wissen können,
sind stumm. Oder schweigen sie etwa aus Klugheit? Fürchten sie grausame Ahndung,
wenn sie die Heimlichkeiten des stillen Wasserreichs verrieten? So ein Wasserreich
mit seinen wollüstigen Heimlichkeiten und verborgenen Schrecknissen mahnt an
Venedig. Oder war Venedig selbst ein solches Reich, das zufällig, aus der Tiefe
des Adriatischen Meers, zur Oberwelt heraufgetaucht mit seinen Marmorpalästen,
mit seinen delphinäugigen Kurtisanen, mit seinen Glasperlen
und Korallenfabriken, mit seinen Staatsinquisitoren, mit seinen geheimen
Ersäufungsanstalten, mit seinem bunten Maskengelächter? Wenn einst Venedig
wieder in die Lagunen hinabgesunken sein mag, dann wird seine Geschichte wie
ein Nixenmärchen klingen, und die Amme wird den Kindern von dem großen Wasservolk
erzählen, das, durch Beharrlichkeit und List, sogar über das feste Land geherrscht,
aber endlich von einem zweiköpfigen Adler totgebissen worden. - Heinrich Heine, Elementargeister (1837)
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