arze
Nachdem die Augenbrauen bis auf zwei angenehm
anzuschauende Linien ausgedünnt waren, ließ Miß Jevons abwesend ihren blauen
Baumwollkimono fallen und beugte sich vor, um die Warze genau ins Augen zu fassen,
die sich ausgerechnet die Seite ihrer Nase zum Wohnsitz erkoren hatte. Diese
Warze - nun, eigentlich war es gar keine richtige Warze, wenn man als Warze
ein Ding bezeichnet, das eine hornige Krone hat. Es war mehr ein betontes Muttermal,
eine immerwährende Quelle des Kummers für Miß Jevons. Sie hatte die entnervende
Gewohnheit, drei stämmige schwarze Haare zu nähren, die auf die konstanten Ausrottungsversuche
nur mit um so besserem Wachstum reagierten. Jede Nacht verbrachte Miß Jevons,
gleichviel, wie müde sie auch sein mochte, drei oder vier sorgenvolle Minuten
damit, dieses Super-Muttermal hin- und herzudrücken, es zu quetschen, darüber
zu jammern, es ausgesprochen zu mißhandeln. Sollte sie es ausbrennen lassen
oder nicht? Dies war das allnächtliche Problem. Würde es dann besser oder vielleicht
auf schreckliche Weise schlimmer? Es war eine fürchterliche Frage, die da zu
entscheiden war. Miß Jevons diskutierte diese Frage nun schon seit elf Jahren
Nacht für Nacht, seit sie fünfzehn war, und noch immer war sie zu keiner Entscheidung
gelangt.
Gerne, ja überaus gerne hätte sie sich Mr. Duffs Meinung zu diesem Problem
eingeholt. Aber konnte man so etwas tun? Sähe dies nicht schrecklich dreist
aus ? Miß Jevons hatte einen Horror davor, dreist zu wirken. Und konnte ihn
das nicht etwa abschrecken? Auf der anderen Seite konnte es ihm aber auch einen
Einstieg bieten, den er allein niemals zu finden schien. Dann aber wieder: Wünschte
er überhaupt einen Einstieg? Es war alles sehr schwierig.
Miß Jevons erhob sich von ihrem Stuhl und betrachtete sich in dem langen
Spiegel. Wenn ihr Geist bedrückt und ihre Seele betrübt war, was gar nicht so
selten vorkam, dann konnte Miß Jevons sich immer bei der Betrachtung ihrer wundervollen
Beine beruhigen, und sie pflegte sich dann regelmäßig die Frage zu stellen,
warum sie eigentlich nicht zur Bühne ging. - Anthony Berkeley, Der Kellermord. München
1979 (zuerst 1932)
Warze (2) Weiber
mit braunen, behaarten, oder borstigen Warzen am Kinn, besonders am
Untertheile des Kinnes, oder am Halse - sind zwar gemeiniglich wacker,
thätig, gute Hausmütter, aber äußerst sanguinisch, und bis zur
Narrheit, ja zur Tollheit verliebt. Sie schwatzen viel, und schwatzen
gern nur von Einem. Sie dringen sich leicht auf, und sind sehr schwer
wieder wegzubringen. - Man muß sie sehr schonend und ruhig-freundlich
behandeln, und sie, mit sanft-kalter Würde, immer drey Schritte vom
Leib' entfernt zu halten suchen. -
Lavater
Warze (3)

-
Thomas
Körner
Warze (4) Eine breite, braune Warze (Schanzlaus)
am Kinne, werdet ihr nie an wahrhaft weisen, ruhig-edeln Menschen – aber
sehr oft an merklich Imbezilen finden. – Wenn ihr sie auch an einem Weisen
findet, so wird der gewiß häufige Momente der völligsten Gedankenlosigkeit,
Geistes-Absenz, und einer unglaublichen Schwäche haben.
Es giebt an sehr verständigen, angenehmen Menschen, Warzen an der Stirn,
die nicht braun, nicht sehr groß sind, zwischen den Augbraunen, die nichts
widriges, nichts fatales zeigen – Aber, eine starke, braune Warze an der
Oberlippe, besonders, wenn sie beborstet ist, werdet ihr an keinem Menschen
finden, dem nicht irgend etwas Wesentliches zur Ganzheit mangelt, der sich
nicht wenigstens durch einen Capital-Fehler auszeichnet. -
Lavater