Die arme Wanze wusch sich mit Wasser und Seife, aber der Gestank verschwand nicht, denn es war ein natürlicher Gestank. Sie parfümierte sich, aber der Gestank war stärker als jedes Parfum. Da ging sie zu einem Stinktier und borgte sich ein wenig von seinem Gestank. Da sagten alle, wie seltsam, eine Wanze, die wie ein Stinktier stinkt! Auch ihre Freundinnen, die sie verlassen hatten, sagten, wie seltsam!
Wie seltsam, wie seltsam - doch unterdessen war die Wanze glücklich
und zufrieden und ging aus ohne sich zu schämen und ohne sich die Nase
zu verstopfen. - (
ma2
)
Wanze (2)
Breitschultrig und breitbrüstig (aber wie gesagt platt) und mit abgerundetem
Hinterleib kommen die meisten Heteroptera (Verschiedenflügler) daher,
ihre Flügel sind verkümmert, ihr Kopf ist klein, sie scheuen das Licht,
aber sie können siebzig Meter in der Stunde zurücklegen, gern lassen sie
sich von oben auf ihre Opfer herunterfallen, und dann arbeiten ihre Mundwerkzeuge
mit großer Effizienz: Zuerst senken sich zwei Stacheln mit Widerhaken in
das fremde, saftige Fleisch (von Vögeln, Hunden,
Katzen oder Menschen),
dann folgt ein Röhrchen, mit dem sie eine ätzende Flüssigkeit absondern
oder das Blut des Opfers hochsaugen können. Wanzen beißen mehrfach hintereinander,
die zurückgelassenen Wunden jucken ungemein stark. - (
schen
)
Wanze (3) Nimm ein viertel Pfund Quecksilbers und ein halbes Pfund Schmierseifen, reibs in einem verglasten Geschirre wohl untereinander, bis das Quecksilber gänzlich ertötet und man dessen kein Tröpfgen mehr siehet, so gewöhnlich einen halben Tag Zeit braucht. Alsdann säubere den Ort, da die Wanzen sich aufhalten, mit einem alten Messer aus, daß alles Geschmeiß wohl abgeschabet wird, und beschmiere ihn allenthalben mit dieser Salbe, so kommen sie in 8 Jahren nicht wieder.
Oder:
Schmiere den Ort mit dem Safte von faulen Zitronen.
Oder:
Nimm 4 oder 5 Rindsgallen, tue sie in einen reinen Topf, schneide darein
2 große Knoblauchhäupter, zerstoße darzu 3
Lot Schwefels, geuß darein 3 Lot Baumöls und 1 Schoppen oder Nößel scharfen
Essiges und laß es zusammen eine gute Weile sieden. Hiermit also warm den
Ort mit Federn bestrichen, etliche Mal nacheinander und, so es erkaltet,
wieder warm gemacht. Sie krepieren und verlieren sich ganz. -
(
zauber
)
Wanze (4) Ein Mann träumte, er
finde in seinem Chiton viele große Wanzen, ekele sich davor, bringe es aber
beim besten Willen nicht fertig, sie abzuschütteln. Tags darauf kam ihm zu Ohren,
daß sein Weib Ehebruch treibe; er war empört darüber, doch konnte er sich aus
irgendeinem Hinderungsgrund nicht von ihr lossagen. Der Chiton bedeutete sein
ihn umschlingendes Weib, die Wanzen die Schande. Weil
er aber das Ungeziefer nicht beseitigen konnte, gelang es ihm auch beim besten
Willen nicht, sich von seinem Weib zu trennen. -
(
art
)
Wanze (5) Wanzen zeigen Mißstimmungen und Sorgen an; denn ebenso wie Sorgen verursachen sie schlaflose Nächte.
Außerdem rufen sie Unannehmlichkeiten und Unzufriedenheit mit Familienangehörigen, meistenteils mit Frauen, hervor.
Stechmücken, die sogenannten Schnaken und ähnliche Insekten bedeuten, daß
üble Kerle dem Träumenden ins Haus kommen, die ihn schädigen und obendrein noch
in Verruf bringen. Schankwirten und Weinhändlern prophezeien sie, daß der Wein
in Essig übergehen wird; sie -lieben nämlich den Essig. -
(
art
)
Wanze (6) In der Nacht vom Sonnabend auf den Sonntag
habe ich, Punckt 2 Uhr des Nachts, da ich nicht ruhte, auf
dem Garten bemerckt, was gegen die Nachtigall gar fürchterlich abstach und
was Dich freuen wird: Wantzen. Ich glaubte, der Himmel - von der Bettlade
fiele mir auf den Kopf. Es sind nun gerade 29 Jahre, daß ich die lezte zu Clausthal
gesehen habe. Ja es ist würcklich an dem, es liefen mir zwey über die Hand,
die so groß waren, ich lüge nicht, wie die sogenannten Gottes-Lämmchen, wie
man hier die kleinen Käfer (Coccinellen)11 [nennt.] Ist das nicht
abscheulig? Daß sogleich Krieg erklärt wurde, wirst Du mir auf mein Wort glauben.
Den folgenden Tag wurde alles demolirt. Um indessen meinen Feind nicht zu verachten,
wovon man traurige Exempel hat, wurde sogleich an eine Demarcations= Linie gedacht,
und ich zog mich etwas näher nach Weende, und campirte in der folgenden Nacht
auf dem Canapee, unter dem König und der Königin
von England und den beyden Circassierinnen, an denen der untere Theil fehlt;
da hatte ich natürlich Friede. - Lichtenberg an Johann Christian
Dieterich, 27. April 1796, nach
(mehr)
Wanze (7) Sams träges Wesen hatte kürzlich so viel einstecken müssen, und er hatte seine körperliche Ernährung auf ein so kärgliches Maß eingeschränkt, daß seine Nerven in diesen Tagen viel empfindsamer waren als sonst. Deswegen starrte er vielleicht so gebannt auf die Wanze an der Wand.
»Jeder Ort«, dachte er, »hat seine eigenen Eintagsfliegen, seine eigenen
Stechmücken, seine eigenen Käfer, seine eigenen Läuse und seine eigenen Wanzen.
Sie mögen den anderen ihrer Art gleichen, doch sie müssen - wenige werden das
bestreiten - von den besonderen Klimabedingungen um sie herum beeinträchtigt
sein. Diese Wanze war eine Glastonbury-Wanze. Hatte sie irgendeine Botschaft
für ihn, einen Glastonbury-Mann? Kannst du mir nicht ein Licht aufsetzen?« dachte
er, sich an die Wanze an der Wand wendend. Doch die Wanze war ein so extremer
Individualist, daß sie das Geplapper, das sie vom Gehirn dieses Mannes erreichte,
wie die gleiche Art telepathisehen Unsinns betrachtete, den sie zu hören gewohnt
war, wenn Mrs. Bagge insgeheim ausrief: »Wie lange, oh, Herr, oh, Herr, wie
lange, wie lange noch?« -
(cowp)