allfahrt
Vor ein paar Tagen waren wir in Nothgottes, da war eine große Wallfahrt,
der ganze Rhein war voll Nachen, und wenn sie anlandeten, ward eine Prozession
draus und wanderten singend, eine jede ihr eigen Lied, nebeneinander hin; das
war ein Schariwari, mir war angst, es möcht' unserm Herrgott zuviel werden;
so kam's auch: er setzte ein Gewitter dagegen und donnerte laut genug, sie haben
ihn übertäubt, aber der gewaltige Regenguß hat die lieben Wallfahrer auseinander
gejagt, die da im Gras lagen, wohl Tausende, und zechten; – ich hab' grad keinen
empfindsamen Respekt vor der Natur, aber ich kann's doch nicht leiden, wenn
sie so beschmutzt wird mit Papier und Wurstzipfel und zerbrochnen Tellern und
Flaschen, wie hier auf dem großen grünen Plan, wo das Kreuz zwischen Linden
aufgerichtet steht, wo der Wandrer, den die Nacht überrascht, gern Nachtruhe
hält und sich geschützt glaubt durch den geweihten Ort. – Ich kann Ihr sagen,
mir war ganz unheimlich; ich bin heut' noch kaputt. Ich seh' lieber die Lämmer
auf dem Kirchhof weiden als die Menschen in der Kirch'; und die Lilien auf dem
Feld, die, ohne zu spinnen, doch vom Tau genährt sind, – als die langen Prozessionen
drüber stolpern und sie im schönsten Flor zertreten. - Bettine von Arnim an Frau Rat Goethe
Wallfahrt
(2) In den 1840er Jahren stürzte Gogols Religiosität
ihn in eine schwere schöpferische Krise. Zwischen 1836 und 1848 unternahm Gogol
noch Reisen durch Deutschland, die Schweiz, Österreich, Frankreich und Italien,
doch durchlief er eine schwere schöpferische Krise. Zudem begann er an einer
paranoid-halluzinatorischen Psychose zu leiden, einer Form der Schizophrenie.
Gogol begab sich auf eine Wallfahrt nach Palästina. Er geriet nach seiner Rückkehr
unter den Einfluss eines Priesters, der seine Werke als verderbt ansah. Er verbrannte
- möglicherweise in einem wahnhaften Anfall - das Manuskript des zweiten Teils
der "Toten Seelen", bezeichnete dies aber kurz darauf als großen Fehler.
Die Psychose zerstörte den einst so umtriebigen Literaten schließlich vollends:
Gogol starb an den Folgen strengen religiösen Fastens
im Alter von 42 Jahren. Nach seinem Tod rätselten viele seiner Freunde, ob sie
Gogol jemals richtig kannten. -
Wikipedia
Wallfahrt (3) Zunächst war es die längste Reise mit der Eisenbahn, die er gemacht hatte; und insofern noch länger, als ihm in der Eisenbahn immer übel wurde.
Darauf gelangte man in heilige Bezirke aus grauem Stein, und alle rutschten auf den Knieen die schmerzenden Stufen bis zur Spitze eines granitenen Dreiecks hinauf; und er spielte stehend inmitten, weil er noch ein ganz kleines Kind war.
Und am Fuß der Treppe, auf einer schnurgeraden Landstraße, gab es Gräben mit Tümpeln und blauen Fröschen, und Sengle liebte die Tümpel sehr, weil man nie weiß, was für Tiere man darin findet, ja nicht einmal, ob man - wenn die Sonne sie ausdörrt - noch Tümpel, oder gar dieselben Tümpel wiederfindet, und dann immer glaubt, man habe sie im Traum gesehen.
Sengles erster Eindruck von Liebe waren Wellen, die vor seinem Laufen herflohen.
Auch in den drei Steinbecken des Brunnens gab es Wasser, doch ohne Gekraut und Getier. Alte Weiber boten überschwenglich Schälchen mit wundertätigem Wasser feil und schütteten es einem fluchend hinterher, wenn man einfach weiterging. Die eine, der er das Almosen verweigerte, sagte zu ihm: »Der liebe Gott segne Sie... der liebe Gott segne Sie, mit Stroh im Arsch und Feuer drin.«
Bei einer dieser Alten kaufte man für Sengle einen kleinen silbernen Ring,
der sich ganz allmählich an seinem Finger abnützte,
bis er verschwunden war. - Alfred Jarry, Tage und Nächte. Roman eines Deserteurs.
Frankfurt am Main 1998 (zuerst 1897)
Wallfahrt
(4) Friedrich Barbarossa
wallfahrtet zum heiligen Grab. Der Papst hört es,
läßt sein Bildnis malen und schickt es dem Sultan, wodurch Friedrich in Gefangenschaft
gerät. Der Sultan schenkt ihm die Freiheit, verlangt
aber fünfhunderttausend Dukaten dafür. Friedrich läßt ihm den Leib Christi zum
Pfand, kehrt heim und schickt ihm, das versprochene Geld. Gerührt durch soviel
Tugend, schickt der Sultan es ihm zurück: Sie schließen Freundschaft miteinander,
und der Kaiser verjagt den Papst aus Rom. - Masuccio, Novellino. Berlin 1988 (zuerst 1476)
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