Waldschrat  Fotos und Beschreibungen stellen ihn als gesund aussehenden, eindrucksvollen Mann dar: 1,80 Meter groß, wenn auch leicht gebückt, mit Voll- und Schnurrbart, dunklem Haar und «stechenden» blauen Augen. Sie zeigen ihn in der traditionellen Professorenkleidung -Jackett, Krawatte und weißes Hemd. Man kann darin keine Spur von einem Sonderling erkennen. Seinen originellen Umgang mit Kleidung bewies er durch die Art und Weise, wie er mit kleineren Mißgeschicken fertig wurde. Wenn er beispielsweise seinen Gürtel nicht finden konnte, band er seine Hosen einfach mit einem Strick fest. Über ein Loch in seinem Hemd klebte er weißes Papier. Riß sein Kragen vor einer Vorlesung ab, so sagte er nur: «Nicht weiter schlimm. Bridges soll ihn mit Klebeband befestigen.»10 Bei mehr als nur einer Gelegenheit hielt man ihn für den Hausmeister.

Thomas Hunt Morgan war sich völlig im klaren darüber, welches Bild er abgab. «Zweifellos gefiel Morgan genau diese Art von Labor. Er war von Natur aus nachlässig und schlampig, aber er schockierte auch gern andere, indem er den Waldschrat spielte.»

Morgans chaotisches und sogar schmutziges Labor hätte eigentlich ein ungeheurer Nachteil für eine wissenschaftliche Tätigkeit sein müssen, die davon abhing, daß man Tausende von Fliegen über viele Generationen hinweg verfolgte und die Ergebnisse anschließend einer sorgfältigen mathematischen Analyse unterzog. Trotzdem funktionierte es bei ihm. Das Labor brachte Kakerlaken hervor, erzeugte aber auch eine Atmosphäre von Zwanglosigkeit, Kameraderie und lockerer Kommunikation. Morgans Ehrlichkeit, väterliche Eigenschaften, fehlende Eitelkeit, Sinn für Humor und Arbeitsfreude machten ihn zu einem idealen Leiter für die eng zusammengeschweißte Gruppe, die er für seine bemerkenswertesten Leistungen um sich scharte.  - Robert Shapiro, Der Bauplan des Menschen. Frankfurt am Main 1995 (zuerst 1991)

 

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