Wahrnehmung, sinnliche  Sie läßt die Stricknadeln in den Schoß sinken. Der Schaukelstuhl bewegt sich unmerklich. Paula hat wieder dieses seltsame Gefühl, das sie von Zeit zu Zeit überkommt; der Drang, all das, was ihre Sinne in einem Augenblick erfassen, festzuhalten. Sie versucht ihre unmittelbaren Eindrücke zu ordnen, sie zu identifizieren, sich ihrer voll bewußt zu werden: die Bewegung des Schaukelstuhls, ein Schmerz im linken Fuß, ein Jucken am Haaransatz, ein Zimtgeschmack, der Trillergesang des Kanarienvogels, das violette Licht im Fenster, die noch dunkler violetten Schatten auf beiden Seiten des Zimmers, ein Geruch nach Muffigem, nach Wolle, nach alten Spielkarten. Kaum hat sie diese Analyse beendet, überkommt sie ein starkes Unglücksgefuhl, eine Beklommenheit, die ihr wie ein Kloß den Schlund hochsteigt und sie drängt wegzulaufen, auf und davon zu gehen, ihr Leben zu ändern; Dinge, bei denen sie nur tief durchzuatmen, die Augen zu schließen und sich eine dumme Gans zu schelten braucht, um sie abzustellen.   - Julio Cortázar, Die Nacht auf dem Rücken. Die Erzählungen Bd. 1. Frankfurt am Main 1998
 
 

Wahrnehmung

 

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