Wahrnehmung, monomane  Meine Monomanie, wie ich sie wohl nennen muß, bestand in einer morbiden Überreiztheit desjenigen Gehirnzentrums, das von der Psychologie das <wahrnehmungsspeichernde> genannt wird. Es ist mir mehr als wahrscheinlich, daß man mich nicht begreift; aber ich fürchte sowieso, daß es mir auf keinerlei Weise möglich sein werde, dem Geist des bloß normalen Lesers einen annähernden Begriff von jener nervösen Angespanntbeit des Interesses zu vermitteln, mit dem sich in meinem Fall die Kraft der Betrachtung (um keinen unverständlicheren terminus technicus zu gebrauchen), ins Anschauen & Auffassen auch der alltäglichsten Gegenstände der Außenwelt, einbohrte & förmlich verwühlte.

Längliche Stunden unermüdbarer Versenkung, während all mein Aufmerken sich auf untergeordnetes Randleistendetail irgend eines Buches  konzentrierte, oder auch auf dessen bloße Typografie; die schönere Hälfte eines Sommertages sich von einem wunderlichen Schatten in Anspruch nehmen lassen, der verquer an die Tür schlich, oder schräg zur gewirkten Tapete; eine geschlagene Nacht hindurch mich in Beschauung des ernsten Flämmchens einer Lampe zu verlieren, oder still vegetierender Feuersgluten; über dem Arom' einer Blume ganze Tage zu verträumen; ein gänzlich banales Wort einförmig so lange zu wiederholen, bis seine bloße Klangfolge, aufgrund sturer Perseveranz, aufhörte, im Verstand noch etwas wie <Sinn> zu bewirken; jedweden Gefühls von Bewegung, ja, leiblicher Existenz überhaupt, dadurch verlustig zu gehen, daß ich mich lange & starrsinnig zwang, von jeder körperlichen Regung Abstand zu nehmen - das waren so einige der mir geläufigsten und noch am wenigsten verwerflichen Schrullen, herbeigeführt durch eine bestimmte Seelenlage, die zwar, zugegeben, nicht absolut ohnegleichen dasteht; jedoch der Analyse oder der Einsicht in ihre Mechanismen ohne Frage spottet.  - Edgar Allan Poe

Wahrnehmungsverm Monomane

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 

Unterbegriffe

VB

 

Synonyme