ahrheitsspiel  Vor der Tür des Eisenbahnwagens wartete Luigi d'Agata auf Antonio, umarmte ihn mit Tränen in den Augen und sagte in vorwurfsvollem Ton:

»Du reist, weiß Gott, gerade in dem Augenblick ab, wo es hier interessant wird. Stell dir vor, daß man gestern im Hause des Generals ein neues Spiel gemacht hat. Wenn du davon in Catania erzählst, glauben sie es dir nicht, selbst wenn du vor ihren Augen tot umfielest. Das Spiel heißt Wahrheitsspiel. Du kannst jede Frage stellen, und die anderen müssen dir aufrichtig antworten. Die Signora Pollini haben sie gefragt: ›Wenn hier Einbrecher mit der Pistole in der Hand hereinkämen und Sie zwängen, mit einem der Anwesenden ins Bett zu gehen, bitte schön, ganz aufrichtig, mit wem würden Sie gehen?‹«

»Und die Dame?« fragte Antonio, während er mit seinem Hund in den Wagen stieg und dann ans Fenster trat.

»Die Dame«, fuhr d'Agata auf dem Bahnsteig fort, »wurde rot wie eine Tomate, wer weiß, an wen sie im Innersten dachte, aber um keinen Skandal zu entfesseln und ihre wahren Gedanken zu verheimlichen, zog sie eine Schnute, die zum Fressen war, und antwortete: ›Mit dem Herrn General.‹ Ja, erzähl das Tofàlo, mit dem Herrn General wollte sie ins Bett gehen, ausgerechnet sie! ... Dann fragten sie mich: ›Und Sie, mit welcher der anwesenden Damen würden Sie ins Bett gehen?‹«

»Und du?« fragte Antonio und nahm seinen Pudel auf den Arm, damit er dem anderen Hund Adieu sagen könne, der sich vor dem Fenster aufgepflanzt hatte, als habe er vergessen, warum er bis hierher gelaufen war, und nicht wisse, warum er nach Hause gehen solle.

»Ich?« antwortete d'Agata, und da der Zug sich in Bewegung gesetzt hatte, begann er unter dem Fenster herzutraben, und der Hund rannte hinkend neben ihm her, »ich habe geantwortet: ›Mit der Signora Bertini und der Signora Gallarati.. .‹«

»Mit allen beiden zugleich?« fragte Antonio.

»Ja, mit allen beiden«, schrie d'Agata, blieb stehen, schwenkte sein Taschentuch, lachte lauthals, zwinkerte erst mit dem rechten, dann mit dem linken, dann wieder mit dem rechten Auge, damit der Freund wenigstens eine dieser Grimassen sähe, er, der sich schon gen Süden entfernte, wo die Abenteuer rar waren.  - Vitaliano Brancati, Bell'Antonio. Frankfurt am Main 1961 (zuerst 1949)

Wahrheitsspiel (2) »Mein Freund Hastings hat mir einmal erzählt, daß er in seiner Jugend ein Spiel gespielt hat, das >Die Wahrheit< hieß. Bei diesem Spiel wurden allen Anwesenden reihum drei Fragen gestellt, von denen zwei unbedingt wahrheitsgemäß beantwortet werden mußten. Gegen die dritte konnte man Einspruch erheben. Natürlich stellte man dabei Fragen indiskretester Art! Aber zu Beginn des Spiels mußte jeder Teilnehmer schwören, die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit zu sagen.«  - Agatha Christie, DieMorde des Herrn ABC. München u. a. 1994 (zuerst 1935)
 
 

Wahrheit Spiel

 

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