affen  Der Anführer einer Streife, ein energischer junger Stutzer, hatte sich vorgenommen, bei dieser undankbaren Aufgabe doch zu seinem Vergnügen zu kommen. Zu diesem Zwecke hatte er es besonders auf die Häuser der Schauspielerinnen, Tänzerinnen, ausgehaltenen Frauenzimmer abgesehen. Er kam zu einer der ersteren, die jung und schön war, an diesem Tag jedoch unschicklicherweise einen jungen und reichen Engländer beherbergte. Der Englishman, der sehr auf Sicherheitsvorkehrungen bedacht war, hatte vier Pistolen, eine Doppelbüchse für sich selber und ein schweres Gewehr der alten Französischen Garden, das er für seinen Diener gekauft hatte. Dieser war genauso umsichtig wie sein Herr und hatte noch ein weiteres Gewehr. Als die Streife ankam, mußten sich die beiden Männer verstecken, aber die Waffen, auf dem Nachttisch, waren nur mit den Bettdecken zugedeckt.

Der Stutzer: »Mademoiselle, habt Ihr vielleicht Waffen?«

Die Schauspielerin: »Nein, Monsieur.«

Der Stutzer: »Oh, Euer schöner Mund lügt: Ihr besitzt zumindest die der Liebe.«

Gleichzeitig erklärte er, daß alles, auch das Bett, durchsucht werden müsse, so laute der Befehl. Die Schöne protestierte energisch. Der Stutzer bemerkte, sie möchte eine ähnlich schickliche Vorsicht walten lassen wie dereinst Polyxena unter Phyrros' Opfermesser. Die Schöne war in arger Verlegenheit! Schließlich verbarg sie sich hinter dem Bett. Der Stutzer, der schon etwas ahnte, zog an der Decke und warf mit großem Lärm den Nachttisch, die Waffen und das Nachtgeschirr um.

»Aha, meine Schöne, Ihr begnügt Euch nicht mit den Waffen der Liebe, wie ich sehe. Ihr seid eine Aristokratin, eine Konterrevolutionärin. Ich kann nicht umhin, Euch mit zum Komitee zu nehmen. Zieht Euch an; oder vielleicht kommt Ihr lieber nackt mit, das ist, meine ich, vielleicht das sicherste.« Die zitternde Schauspielerin beschwor ihre Unschuld, beteuerte, daß die Waffen nicht ihr gehörten.

Der Stutzer: »Ich verstehe: mit einem Aristokraten, also wart Ihr vorhin in intimer Beziehung. Ihr werdet mit zum Komitee kommen und ihn uns ausliefern müssen. Unterdessen beschlagnahmen wir die Waffen.

In diesem Augenblick trat der Englishman aus einem Kleiderschrank und sagte: »Sir, in meiner Eigenschaft als Ausländer fordere ich meine Waffen: sie gehören mir!« - »Euch?« entgegnete ein Nationalgardist. »Lest doch auf diesem Gewehr: Regiment der Französischen Garden. Wart Ihr bei den Französischen Garden?«

Der Englishman: »Ich? Nein, Sir; aber mein Diener hat es von einem Mann abgekauft, der es sich, wie er sagte, am 13. Juli 1789 in den Invalides geholt hat.«

Der Stutzer: »Wir können sie Euch nicht lassen, Mylord. Ihr seid Ausländer: wir respektieren diesen Titel wohl, aber so viele Waffen!...

Der Englishman: »Sir, wenn man bei einem Frauenzimmer schläft...

Der Stutzer: »Bei einem Frauenzimmer? Das ist Mademoiselle E. C***! Verzeiht, daß wir Euch gestört haben. Nach dem, was Ihr bezahlt hat, sollt Ihr frei sein. Wir ziehen uns zurück: wir lassen Euch das Frauenzimmer, aber die Waffen, die benötigen wir dringlich.« - Restif de la Bretonne, Revolutionäre Nächte in Paris. Bremen 1989, zuerst 1790/1794

 

Kampf Werkzeug, soziales

 

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