ärme   Das zweite Gesetz der Thermodynamik erklärt, daß es Energieprozesse gibt, die nicht umkehrbar sind. Wärme und Licht sind nichts anderes als Formen von Energie. Man braucht nur Licht auf eine schwarze Oberfläche fallen zu lassen, so verwandelt Licht sich in Wärme. Die Wärme kann indessen nicht wieder die Form von Licht annehmen. Diese dem Anschein nach harmlose oder banale wissenschaftliche Tatsache erledigt den Kreislauf der Ewigen Wiederkehr. Das erste Gesetz der Thermodynamik sagt, daß die Energiemenge im Weltraum konstant ist; das zweite, daß diese Energie einen Hang zur Ungeselligkeit, zur Unordnung hat, wenn auch das totale Quantum keine Einbuße erleidet. Diese allmählich fortschreitende Desintegrierung der Kräfte, die das Universum bilden, ist die Entropie. Wenn erst einmal das Maximum von Entropie erreicht ist, wenn erst einmal die unterschiedlichen Temperaturen ausgeglichen sind, wenn erst einmal jede Wirkung eines Körpers auf einen anderen ausgeschaltet (oder kompensiert) ist, wird die Welt eine zufällige Ansammlung von Atomen sein. In der Tiefe der Gestirnzentren hat sich dieser schwierige und tödliche Ausgleich bereits vollzogen. Durch ständigen Austausch wird er sich im gesamten Universum vollziehen, und Wärme und Tod werden der Endzustand sein.

Das Licht geht an die Wärme verloren; das Universum macht sich von Minute zu Minute unsichtbar. Auch verliert es ständig an Gewicht. Eines fernen Tages wird nichts mehr sein — nur noch Wärme, ausgeglichene, bewegungslose, gleichgültige Wärme. Dann wird die Welt gestorben sein. - (bo2)

Wärme (2)  Die natürliche Wärme, sagen die guten Kumpane, wird zuerst in den Füßen verspürt: die betrifft die Kindheit. Von da steigt sie in die mittlere Höhe, wo sie sich lange Zeit festsetzt und nach meinem Bedünken die einzigen wahren Genüsse des leiblichen Lebens erzeugt, denen alle andern Lüste nicht das Wasser reichen. Auf das Ende hin, nach Art eines Dampfes, der aufsteigt und verdunstet, langt sie bei der Kehle an, wo sie ihren letzten Aufenthalt nimmt.  - (mon)

 Wärme (3)  Weil die Begierde, das Böse zu tun, das aus der Selbst- und Weltliebe stammt, unter dem höllischen Feuer verstanden wird, und weil diese Begierde allen in den Höllen eigen ist, darum erscheint auch, wenn die Höllen geöffnet werden, wie etwas Feuriges mit Rauch, dergleichen bei Feuersbrünsten zu sein pflegt, etwas dicht Feuriges aus den Höllen, in denen die Liebe zu sich herrscht, und etwas Flammiges aus den Höllen, in denen die Liebe zur Welt herrscht. Sind sie aber geschlossen, so erscheint jenes Feurige nicht, sondern statt desselben etwas Dunkles, wie von Rauch Verdichtetes, immer jedoch glüht jenes Feurige fort, was sich auch bemerkbar machte an der Hitze, die daraus ausdünstete, welche Hitze wie die von Verbranntem nach einer Feuersbrunst ist, irgendwo wie von einem heiß werdenden Ofen und anderwärts wie von einem heißen Bad; wenn diese Hitze beim Menschen einfließt, so erregt sie bei ihm Begierden und bei den Bösen Haß und Rachgier, bei Kranken aber Rasereien. Solches Feuer oder solche Hitze haben die, welche in den oben genannten Trieben sind, weil sie ihrem Geist nach an jene Höllen gekettet sind, auch schon während ihres Lebens im Körper. Man muß jedoch wissen, daß die, welche in den Höllen sind, sich nicht in einem Feuer befinden, sondern das Feuer nur eine äußere Erscheinung ist, denn sie empfinden daselbst kein Brennen, sondern nur eine Wärme, wie früher in der Welt; daß ein Feuer erscheint, ist eine Folge der Entsprechung; denn die Liebe entspricht dem Feuer, und alles, was in der geistigen Welt erscheint, erscheint gemäß den Entsprechungen. -  Himmel und Hölle. Beschrieben nach Gehörtem und Gesehenem von Emanuel Swedenborg

Wärme (4) Mein Kopfnachbar beschäftigte sich mit dem Sezieren von Insekten. Flügel und Beine ordnete er auf weißen Tüchern, so als wollte er sie nachher wieder zusammensetzen. Manchmal legte er sich Zuckerstückchen auf den Schwanz. Hatte er einen kleinen Vorrat beisammen, verschenkte er sie an Vorübergehende, die sich verwundert bedankten.

Es ging eine widerliche Wärme von ihm, aus. Nachts legte er seinen Arm um mich. - Walter Kempowski, Im Block. Frankfurt am Main 1972 (zuerst 1969)

Wärme (5)  Man zeige keinerlei Wärme, die nicht geteilt werden kann, nichts ist kälter als was sich nicht mitteilen läßt. - (jou)

Wärme (6)  Der Wal, ganz wie der Mensch, zeichnet sich durch warmes Blut und Lungenatmung aus und müßte somit ebenfalls erfrieren. Es ist daher ein wahres Wunder, das man sich erst einmal klarmachen muß, daß dieses warmblütige Ungetüm, bis über beide Ohren unter Wasser, im Eismeer zu Hause ist, wo über Bord gegangene Seeleute manchmal nach Monaten aufrecht, mitten in Eisfelder eingefroren, gefunden werden wie in Bernstein eingeschlossene Mücken. Noch erstaunlicher ist freilich, daß das Blut eines solchen Nordkapers nachgewiesenermaßen wärmer ist als das eines Eingeborenen von Borneo im Hochsommer.

Mich will bedünken, daß sich hier nichts anderes zeigt als der ungemeine Vorzug einer großen Lebenskraft des Einzelwesens, der ungemeine Vorzug dicker Mauern und der ungemeine Vorzug eines geräumigen Innenlebens. O Mensch, nimm dir den bewundernswerten Wal zum Vorbild! Bleibe auch du warm inmitten eisiger Kälte. Hause auch du in dieser Welt, ohne ihr anzugehören. Sei kühl unter den Wendekreisen; laß dein Blut nicht erstarren am Pol. Bewahre dir, o Mensch, immerdar deine eigene Wärme wie die gewaltige Kuppel der St. Peterskirche und wie der gewaltige Wal.

Freilich ist nichts leichter und unersprießlicher, als dergleichen schöne Lehren zu erteilen. Wie wenig Bauten weisen eine Kuppel auf wie die der St. Peterskirche, wie wenig Lebewesen sind so gewaltig wie der Wal!   - (mob)


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