achküssen
Nun waren aber gerade die hundert Jahre verflossen, und der Tag war gekommen,
wo Dornröschen wieder erwachen sollte. Als der Königssohn sich der Dornenhecke
näherte, waren es lauter große schöne Blumen, die taten sich von selbst auseinander
und ließen ihn unbeschädigt hindurch, und hinter ihm taten sie sich wieder als
eine Hecke zusammen. Im Schloßhof sah er die Pferde und scheckigen Jagdhunde
liegen und schlafen, auf dem Dache saßen die Tauben und hatten das Köpfchen
unter den Flügel gesteckt. Und als er ins Haus kam, schliefen die Fliegen an
der Wand, der Koch in der Küche hielt noch die Hand, als wollte er den Jungen
anpacken, und die Magd saß vor dem schwarzen Huhn, das sollte gerupft werden.
Da ging er weiter und sah im Saale den ganzen Hofstaat liegen und schlafen,
und oben bei dem Throne lag der König und die Königin. Da ging er noch weiter,
und alles war so still, daß einer seinen Atem hören konnte, und endlich kam
er zu dem Turm und öffnete die Türe zu der kleinen Stube, in welcher Dornröschen
schlief. Da lag es und war so schön, daß er die Augen nicht abwenden konnte,
und er bückte sich und gab ihm einen Kuß. Wie er es mit dem Kuß berührt hatte,
schlug Dornröschen die Augen auf, erwachte, und blickte ihn ganz freundlich
an. Da gingen sie zusammen herab, und der König erwachte und die Königin und
der ganze Hofstaat, und sahen einander mit großen Augen an. Und die Pferde im
Hof standen auf und rüttelten sich: die Jagdhunde sprangen und wedelten: die
Tauben auf dem Dache zogen das Köpfchen unterm Flügel hervor, sahen umher und
flogen ins Feld: die Fliegen an den Wanden krochen weiter: das Feuer in der
Küche erhob sich, flackerte und kochte das Essen: der Braten fing wieder an
zu brutzeln: und der Koch gab dem Jungen eine Ohrfeige, daß er schrie.
- (grim)
|
||
|
|
|