oyeur Im folgenden gebe ich den Traum eines jungen Mannes wieder, der in der Phantasie schon die intrauterine Gelegenheit zur Belauschung eines Koitus zwischen den Eltern benutzt.

»Er befindet sich in einem tiefen Schacht, in dem ein Fenster ist wie im Semmeringtunnel. Durch dieses sieht er zuerst leere Landschafl, und dann komponiert er ein Bild hinein, welches dann auch sofort da ist und die Leere ausfüllt. Das Bild stellt einen Acker dar, der vom Instrument tief aufgewühlt wird, und die schöne Luft, die Idee der gründlichen Arbeit, die dabei ist, die blauschwarzen Schollen machen einen schönen Eindruck. Dann kommt er weiter, sieht eine Pädagogik aufgeschlagen . . . und wundert sich, daß den sexuellen Gefühlen (des Kindes) darin so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, wobei er an mich denken muß.« - (freud)

Voyeur (2) Ich habe dieses Gefühl, als ob ein aufmerksam beobachtender Punkt aus exzentrischen Fernen das geheimnisvolle Getriebe kontrollierte und registrierte, selbst in den verworrensten Augenblicken nur selten verloren. Ja es schien mir oft, als ob in sehr menschlichen Augenblicken, etwa denen der Angst, dort oben etwas vorginge, was ungefähr einem mokanten Lächeln verglichen werden könnte. Aber auch andere Zeichen - Trauer, Rührung, Stolz - glaubte ich zuweilen gleich Signalen einer inneren Optik an jenem Fixpunkt zu erkennen, den ich als ein zweites feineres und unpersönliches Bewußtsein bezeichnen möchte.

Von dort aus gesehen, wird das Leben von noch etwas anderem als von Gedanken, Empfindungen und Gefühlen begleitet, seine Werte werden gleichsam noch einmal gewertet, ähnlich wie ein bereits gewogenes Metall trotzdem von einer besonderen Instanz einen zweiten Stempel erhält. Von dort aus gesehen, erhält dieses Treiben auch erst einen fesselnderen Reiz als den innerhalb der Bezirke einer selbstbewußten Vitalität möglichen. - (ej)

Voyeur (3) Nach dem Koran sitzen auf den Schultern eines jeden Menschen zwei Engel, der zur Rechten notiert die guten Taten, der zur Linken die schlechten. - (eng)

Voyeur (4) Banntaiding des Marktes Klamm, v. J. 1547.   Wenn einer an einem Hause lauscht, was darin gesprochen wird — alles, was er aus dem Hause gehört hat (und wäre es auch wahr, daß er es so gehört hat), das ist alles von ihm erlogen; und wenn der Hauswirt inne wird, wer da gelauscht hat, und ihn ersticht, so wäre er ihm nichts weiter schuldig als drei Pfennige, die er ihm auf die Wunde legen soll. Österr. Weistümer 12, S. 877 f. - Aus: Wilhelm Ebel, Curiosa iuris germanici. Göttingen 1968

Voyeur (6) Bei einer Gelegenheit lehnte Aktaion, der Sohn des Aristaios, an einem Felsen in der Nähe von Orchomenos. Zufällig sah er Artemis nahe in einem Strome baden und blieb, sie zu beobachten. Damit er später nicht wagen könnte, sich vor seinen Freunden zu rühmen und zu erzählen, daß er sie nackt gesehen hätte, verwandelte sie ihn in einen Bock und ließ ihn von seiner eigenen Meute von fünfzig Hunden in Stücke reißen. - (myth)

Voyeur (6) Meine Familie war nicht erfreut, als ich einen Juristen heiraten wollte. Man stellte dem Zusammenleben schlimme Prognosen. Ich weiß nicht, welche bösen Erfahrungen meine Familie, Theologen und Kaufleute, mit Juristen gemacht hat; mein Onkel Otto nannte sie Rechtsverdreher und unangenehme Pedanten. Ich selbst aber war unbeschwert und neugierig und bin heute, dies darf an dieser Stelle einmal gesagt werden, da wir in der Hauptsache mit Juristen und Kriminologen zusammenkommen, recht zufrieden mit meiner Wahl. Mein Mann ist Strafrichter und Kriminologe. Was ein Strafrichter ist, weiß jeder — was aber ist ein Kriminologe? Manche sagen, Kriminologen seien Leute, die auf kriminologischen Kongressen auftauchen. Diese Formulierung scheint mir nicht schlecht zu sein, aber doch zu einfach und ungenau, denn auf diesen Kongressen tauchen Leute aller möglichen Berufe auf wie Gerichtsmediziner, Kriminalisten, Soziologen, Sozialarbeiter, Anthropologen, Psychiater — und alle interessieren sich für den Verbrecher und das Verbrechen im weitesten Sinne, für den Mörder, den Betrüger, den White-Collar-Täter oder den Sittlichkeitsverbrecher. Aber interessiert sich denn nicht ein Jeder für das Verbrechen? - Nach (net)

Voyeuse (7) Frau Milfa war einer nahezu an apoplexie grenzenden unpäßlichkeit nahe, sie hatte sich schwankend aus ihrem angenehm warmdurchnäßten sessel erhoben und beugte sich wie ein matrose, der land sieht, aus dem mastkorb ihres salonerkers, um die vor sich gehende szene noch besser verfolgen zu können, und obgleich sie nicht mehr wußte, ob sie schwebte oder verharrte, stieg oder stürzte, blieb sie dem enthüllenden binokel verbunden wie ein kind seiner mutter. Welch sodombeschwörendes spektakel hinter dem fenster jener ersten etage: Astra, Nandors längst abzuschreibende braut, diese stille, solide brillenträgerin mit den antilopensanften zügen, hatte sich dem frechgrinsenden drittelcaballero rittlings aufgehockt, zu welchem behuf, das konnte die japsende schwiegermutter dank der vorzüglichen qualität ihres optischen gerätes aufs haarschärfste ausmachen - Astras hände verschränkten sich krampfig hinter ihrem nacken, ihre hüften begannen zu kreisen, zuerst mit bedächtiger raffinesse, dann schneller, erregter, und schließlich rasend wie eine fleischgewordene windhose, so daß das ferne seidenbett, frau Milva konnte es nicht hören, aber sie ahnte es, wie eine schwere takelage im sturme ächzte ... Eine barmherzige ohnmacht umfing die dame des hauses nummer 17 rue Larousse-Lautrec — wie eine träufende honigwabe, die dem imker vom gestell rutscht, so sank sie vom fensterbrett. - H. C. Artmann, How much, schatzi? Frankfurt am Main 1971

Voyeur (8) Vor einer gaffenden Menge — in der ich stehe — wird eine Reihe von Hinrichtungen vorgenommen, ein Vorgang, der mich im höchsten Maße fesselt. Bis zu dem Augenblick, da der Scharfrichter samt seinen Gehilfen auf mich zukommt, weil ich an der Reihe bin, womit ich nicht gerechnet hatte und was mich gewaltig erschreckt. - (leiris)

Voyeur (9)  Als er jung gewesen war und Zukunftsträumen nachgehangen hatte — hatte er sich da nicht einen idealen Beruf ausgemalt, wie es ihn leider im wirklichen Leben gar nicht gibt? Er hatte es nie jemandem anvertraut, er hatte die Worte nie laut ausgesprochen, nicht einmal, wenn er allein gewesen war: er hatte ein »Zusammenflicker von Schicksalen« werden wollen.

Seltsamerweise war es ihm während seiner Laufbahn im Polizeidienst ziemlich häufig passiert, daß er Menschen, die die Zufälle des Lebens auf die schiefe Ebene gebracht hatten, wieder auf ihren richtigen Platz hatte zurückführen können. Und noch seltsamer war es, daß sich im Lauf der letzten Jahre ein Berufszweig herausgebildet hatte, der irgendwie dem ähnelte, den er sich ausgemalt: der des Psychoanalytikers, der sich bemüht, dem Menschen sein wahres Ich zu zeigen.

Wenn jemand nicht auf seinem richtigen Platz war, dann war es diese Frau, die schweigend kam und ging, ohne daß man etwas von ihrem Denken und Fühlen enträtseln konnte. - Georges Simenon, Maigret und der Kopflose. München 1971 (Heyne Simenon-Kriminalromane 13, zuerst 1955)

Voyeur (10)  Wir redeten über Frauen, linsten ihnen unter die Röcke, wenn sie aus dem Auto stiegen, und bei Nacht sahen wir in Fenster rein und hofften darauf, welche beim Ficken zu erleben, aber wir bekamen nie was zu sehen. Einmal beobachteten wir ein Pärchen im Bett, der Kerl hatte seine Frau schwer in der Mache, und wir dachten, jetzt würden wir's aber gleich sehen, doch dann sagte sie: »Nee heut' abend will ich nicht!« und drehte sich einfach auf die andere Seite. Er steckte sich eine Zigarette an, und wir zogen weiter zum nächsten Fenster.   - Charles Bukowski, Die Stripperinnen vom Burbank & 16 andere Stories. Frankfurt am Main 1980 (zuerst 1975)

Voyeur (11)

Voyeur

- Bosc, Love and order. Zürich 1973 (Diogenes, detebe 44)

Voyeur (12)  Früher gab es nur frauen, sie trugen weder namen noch kleider, sie lebten in flußniederungen, der geist des himmels hatte sie erschaffen, er sah ihnen gerne beim baden zu, männer hatte er ihnen keine beigesellt, das würde ihn um sein größtes vergnügen gebracht haben, nämlich zu beobachten, wie sich diese frauen untereinander herzten und küßten. Der Große Geist des Himmels saß damals immer hinter einer riesenhaften regenwolke, die ein loch hatte, durch das er auf die erde blicken konnte. Es gab drei sonnen und drei monde, es war tag und nacht hell genug, um die frauen auf diese große entfernung gut beobachten zu können. Sonnen und monde hatte der vater des geistes des himmels erschaffen, zum geburtstag, sie beleuchteten die badenden frauen der flußniederungen. Einmal geschah es, daß ein frosch aus dem wasser auftauchte und diese frauen sah. Er rief die übrigen frösche herbei.

»Wir wollen mit diesen frauen schlafen«, sagte er zu ihnen, »wir wollen sie zu unseren frauen machen!«

Die frauen verwunderten sich über die penisse jener frösche, sie sagten: »Sie haben etwas an sich, das wir nicht haben.« Und sie gingen her und schliefen mit ihnen.

Der Große Geist des Himmels mußte niesen, gequak und gekreisch war ihm in die nase gestiegen. Die regenwolke zerbarst, sie überschwemmte die erde, sie verursachte die sintflut. Die frösche retteten diese frauen, sie trugen sie auf ihren mächtigen rücken in die kronen der bäume des urwaldes des berges Rikoodlenook, auf diesen bäumen brachten die frauen grüne kinder zur welt, sie hatten hervorquellende augen und spitze, lange zungen, sie ernährten sich anfänglich von käfern und libellen. Väter und mütter aber mochten sie nicht, sie waren ihnen eine verhaßte brut, an der man keine ähnlichkeit finden wollte; also ließ man sie allein und wendete sich anderen dingen zu, die frauen in den bergen, die frösche wieder in ihrem wasser.  - (ei)

Voyeurin (13)

Voyeur (14)

Zuschauer

Oberbegriffe

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Unterbegriffe

 

 

VB
Gaffke

 Exhibitionist

Synonyme
Schmutzfink

Antonym