orzimmer Die Nichte sagt du hast also Absencen?

Monsieur Traum sagt ja, alle möglichen. Aber zunächst erlaube mir eine kurze Abwesenheit.

Und er fügt hinzu, während er vom Tisch aufsteht, siehst du, früher wäre mir das nie passiert.

Während der Abwesenheit ihres Onkels denkt die Nichte das Rührende an dem armen Alten ist, daß er so naiv ist, tatsächlich zu glauben, ich würde ernsthaft versuchen ihn hinters Licht zu führen indem ich seine Worte auf die leichte Schulter nehme, alter, abgenutzter Trick. Was seine Absencen betrifft, so weiß ich genau, was er mir darüber sagen wird. Nämlich weniger an das glauben was man tut, weniger daran hängen, sich dabei überraschen, wie man an etwas anderes denkt, und zwar immer öfter, an etwas anderes, das heißt an den Tod, kurz es bedeutet sich lösen, ob man will oder nicht, die Gleichgültigkeit kennenlernen, nicht mehr wirklich da sein, sondern bereits in dem unvermeidbaren Vorzimmer, wo...

Was hatte ich gesagt? fragt Monsieur Traum, als er zurückkommt.

Er setzt sich und macht sich wieder an seine Hors d'œuvres.

Du sprachst über deine Absencen, sagt die Nichte.

Richtig, sagt Monsieur Traum. Und du hast nicht begriffen was ich sagen wollte. Also in zwei Worten. Was ich Absencen nenne, das bedeutet, wie soll ich sagen, das bedeutet weniger an das glauben was man tut. Weniger daran hängen. Sich dabei überraschen, wie man an etwas anderes denkt. Und zwar immer öfter. An etwas anderes, das heißt an den Tod. Aber ja, Liebes. Kurz es bedeutet sich lösen, ob man will oder nicht. Die Gleichgültigkeit kennenlernen. Nicht mehr wirklich da sein, sondern bereits in dem unvermeidbaren Vorzimmer, wo ...

Er wird durch Sosie unterbrochen die aus der Küche schreit mein Hase ist soweit, sind Sie mit den Hors d'œuvres fertig?

Eine Frechheit, sagt der Onkel, so aus der Küche zu schreien!   - (rp2)

Vorzimmer (2)   Dem Majoratsherrn ward sehr unheimlich in dem Zimmer. Der schreiende Laubfrosch auf der kleinen Leiter schien von einem fatalen Geiste beseelt; auch die Blumen in den Töpfen hatten kein recht unschuldiges Ansehen; aus dem Potpourri glaubte er ein Dutzend abgelebte Diplomaten heraufhorchen zu sehen. Aber mehr, als alles, quälte ihn der schwarze Pudel, obgleich sich dieser vor ihm zu fürchten schien; er hielt ihn für eine Inkarnation des Teufels. Als nun endlich die Hofdame wie ein chinesisches Feuerwerk mit dem steifen Wechsel ihrer Farben aus dem andern Zimmer hervortrat, da vergingen ihm fast die Sinne, denn ihm stand's vor der Seele, daß die Abscheuliche seine Mutter sei. »Mutter«, sagte er, und sah sie scharf an, »deinem Sohn ist sehr wehe!« Er dachte, sie würde erschrecken, ihn für einen Toren erklären; aber sie setzte sich ruhig zu ihm, und sagte: »Sohn, deiner Mutter ist sehr wohl.« Sie wollte ihm ein emailliertes großes Riechfläschchen reichen, aber er scheute sich davor, und sagte: »Da seh ich eine Seele eingesperrt!« Sie legte es bei Seite und sagte: »Wenn darin eine Seele, so ist es die Seele deines Vaters, des Schönen; ich reichte es ihm, als er vom Leutnant, dem Vetter, durchstochen ward, im unerwarteten Zweikampf vor meiner Türe.«  - Achim von Arnim, Die Majoratsherren
 
 

Zimmer Warten

 

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