Vorgeschmack  Sie ziert sich, geil zu sein wie sie ist. Und weil sie mit krausem Mündchen immerfort das Wort Würde bildet, hat sie die puritanische Maulsperre.

Dabei liest Ilsebill dicke und dünne Bücher, in denen Enthemmung erste Voraussetzung ist für eine repressionsfreie Gesellschaft. Und ich werde ihr auch diese spätbürgerlichen Verweigerungsmechanismen - »Irgendwie, sagt sie, »trau ich mich nicht, trau ich mich immer noch nicht« - austreiben oder abgewöhnen, und zwar, wie es in ihren Manzibüchern steht: durch partnerzentrierte Konfliktrollenspiele, bis sie an irgendeinem katholischen Freitag - Glaub mir, Heiliger Vater! - kommt, mit ihrem Zünglein auf den Geschmack kommt. Denn der ist nicht zu bezahlen. Der ist uns allen gleich teuer. Der ist nicht klassenbedingt. Von dem wußte Olle Marx nichts. Der ist der Schönheit Vorgeschmack. Jeder Hund weiß das. Sich beschnuppern, lecken, schmecken, sich riechen können. Doch wenn ich zu meiner Ilsebill sage: »Morgen ist Sonnabend. Ich bade gründlich und rieche dann überall nach Lavendel«, sagt sie: »Na und?« Weil wir entwöhnt sind. Weil wir darüber immer nur lesen. Weil wir das allenfalls sinnbildlich meinen. Weil wir das diskutiert, zu oft durchdiskutiert haben. Weil wir nicht ahnen, daß solch ein Arschlöchlein immerzu, also die ganze Woche lang, erwartungsvoll einen drolligen Kußmund macht.    - (but)

 

Schmecken

 

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