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Das Volk durchschaut den Charakter seiner Staatsmänner,
ihre Pläne und Taten wie ihre Lebensführung, wenn sie auch noch so tief verborgen
zu sein scheinen, und es liebt und schätzt den einen nicht weniger wegen seines
Privatlebens als wegen seiner öffentlichen Tätigkeit, wie es den andern verabscheut
und verachtet. Man könnte einwenden, daß die Staaten sich doch auch Männer
gefallen lassen, die in weichlicher Schwelgerei leben. Allerdings verlangen
auch wohl Frauen, die guter Hoffnung sind, nach Steinen, oder Seekranke nach
salzigen oder ähnlichen Speisen, um nicht lange danach sich davor zu ekeln;
so können auch wohl Staaten aus Hoffart und Hochmut oder aus Mangel an einem
wirklichen Führer sich der ersten besten bedienen, wenn sie sie auch widerlich
und verächtlich finden. Dann aber freuen sie sich, wenn sie Schmähungen gegen
sie hören.
- (
plu
)
Volk (2) Nostromo ist ein Mann, hinter dem unzählige Generationen stehen, ohne daß er selbst sich irgendeiner Familienabstammung hätte rühmen dürfen ... wie das Volk.
Mit seinem festen Stand auf dieser Erde, die sein Erbteil ist, mit seiner
Sorglosigkeit, seinem Großmut, dem verschwenderischen
Gebrauch seiner Fähigkeiten, mit der männlichen Eitelkeit,
dem dunklen Gefühl seiner Größe, seinem gläubigen Liebeseifer, dessen Impulse
so sehr etwas Verzweifelndes wie etwas Verzweifeltes haben, ist er ein Mann
des Volkes: des Volkes eigenste, neidlose, Führerschaft verabscheuende, jedoch
von innen heraus wirkende Kraft. - Joseph Conrad,
Nostromo. Eine Geschichte von der Meeresküste. Frankfurt am Main 1984 (zuerst
1904)
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