Verzweigung   Das Vorwort von Quain nirnmmt Bezug auf jene »verkehrte Welt« von Bradley, in der das Sterben dem Geborenwerden vorausgeht, die Narbe der Wunde und die Wunde dem Hieb (Appearance and Reality, 1897, p. 215,). Die in Quains April March vorgeführten Welten sind nicht regressiv; vielmehr ist es die Art, wie sie erzählerisch verarbeitet werden, regressiv und auszweigend. Das Werk umfaßt dreizehn Kapitel. Das erste schildert den zweideutigen Dialog zwischen Unbekannten auf einem Bahnsteig; das zweite erzählt die Ereignisse am Vorabend des ersten. Das dritte, ebenfalls rückläufig, erzählt die Ereignisse eines anderen möglichen Vorabends des ersten; das vierte wiederum die eines anderen. Jeder einzelne dieser drei Vorabende (die einander strikt ausschließen) verzweigt sich in drei weitere Vorabende ganz verschiedener Art. Das gesamte Werk besteht mithin aus neun Romanen; jeder Roman aus drei langen Kapiteln. (Das erste ist natürlich allen gemeinsam.) Von diesen Romanen ist einer symbolischen Charakters; ein anderer übernatürlich; ein anderer ein Krimi; ein anderer psychologisch; ein anderer kommunistisch; ein anderer antikommunistisch; und so fort. Vielleicht kann ein Schema helfen, die Struktur zu verstehen.

Von dieser Struktur gilt dasselbe, was Schopenhauer von den zwölf Kantschen Kategorien sagte: Er opfert alles einer Symmetriewut. Wie zu erwarten ist die eine oder andere der neun Erzählungen Quains unwürdig; die beste ist nicht die ursprüngliche, x4, sondern die phantastische, x9. Andere sind durch müde Scherze und überflüssige Pseudopräzisionen entstellt. Wer sie in chronologischer Folge liest (zum Beispiel: x3, y1, z), dem entgeht der eigenartige Reiz des seltsamen Buches. Zwei Erzählabschnitte - x7, x 8 - sind an sich wertlos; sie wirken erst durch die Gegenüberstellung... Ich weiß nicht, ob ich daran erinnern muß, daß Quain, als April March bereits erschienen war, von der Dreigliederung abkam und voraussagte, daß seine Nachahmer sich für die binäre Ordnung entscheiden würden

und die Demiurgen und die Götter für das Unendliche: unendliche Geschichten, unendlich verzweigt.  - Jorge Luis Borges, Untersuchung des Werks von Herbert Quain. In (bo3)

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