erwegenheit    Sempronia hatte  viele Verbrechen, die männliche Verwegenheit erforderten, begangen. Diese Frau war durch ihre Abstammung und Schönheit, außerdem durch Mann und Kinder vom Glück recht begünstigt; sie war in griechischer und lateinischer Literatur bewandert, konnte musizieren und eleganter tanzen, als nötig ist für eine anständige Frau, und vieles andere, was zum Wohlleben gehört. Aber ihr war immer alles lieber gewesen als Anstand und Schamhaftigkeit; ob sie ihr Geld oder ihren Ruf weniger schonte, hätte man nicht leicht entscheiden können; ihre Leidenschaft war so hemmungslos, daß sie öfter Männer begehrte, als daß sie begehrt wurde. Aber sie hatte schon oft vorher ihr Wort gebrochen, anvertrautes Gut abgeschworen, war Mitwisserin bei Mord gewesen, durch Wohlleben und Mangel auf die schiefe Bahn geraten. Freilich ihr Verstand war nicht unbedeutend: sie konnte Verse machen, hatte lustige Einfälle, war im Gespräch bescheiden oder anzüglich oder vorlaut; kurz, viel Witz, viel Charme besaß sie.  - Sallust, Verschwörung des Catilina (zuerst ca. 40 v. u. Z.)

Verwegenheit (2)  Man muß sich wundern, wie weit die Verwegenheit des menschlichen Geistes geht; durch einen kleinen Erfolg angereizt, übersteigt seine Unverschämtheit alle Grenzen. Die da wagten, die Entfernung der Sonne von der Erde zu erraten, wollten dies auch auf den Himmel anwenden, weil die Sonne sich in der Mitte befinde; ja es scheint fast, daß man die Größe der Welt nach Zollen berechnen will. Als wenn man das Maß des Himmels durch das  Bleilot bestimmen könnte, weil der Durchmesser eines Kreises  und der Umfang 22 solche Teile hat!  - (plin)

Verwegenheit (3)  Konnte es sich so verhalten, daß Marias Mutter, eine ehemalige Gouvernante aus bürgerlicher Familie, die von dem finnischen Freiherrn verführt worden war, dem Vater Marias, sich nach dem Ruin und der Flucht nach Schweden auf Grund von Schulden - konnte es sich so verhalten, daß diese in verheimlichter Not lebende Witwe sich dazu hergegeben hatte, ihre eigene Tochter zu verkaufen? In Södertälje? Diese alte Frau, die noch im Alter von sechzig Jahren kokett war, flößte mir nichts als Abneigung ein, in die sich ein wenig Mitleid mischte; sie hatte einen verwegenen Charakter, war gierig, genußsüchtig und betrachtete die Männer als Ausbeutungsobjekte. Sie war eine veritable Männerverschlingerin, die es insgeheim mir überließ, für den Unterhalt ihrer Schwester aufzukommen, nachdem sie zunächst einen Schwiegersohn mit einer erdichteten Mitgift geprellt hatte, die aus einem Betrugsmanöver zum Nachteil der Gläubiger herrührte.  - (plaed)

Verwegenheit (4)  Kunst im Unternehmen. Die Dummheit fällt allemal mit der Thüre ins Haus: denn alle Dummen sind verwegen. Dieselbe Einfalt, welche ihnen die Aufmerksamkeit Vorkehrungen zu treffen benimmt, macht sie nachher gefühllos gegen den Schimpf des Mißlingens. Hingegen gehen die Klugen mit großer Vorsicht zu Werke. Ihre Kundschafter sind Aufpassen und Behutsamkeit: diese gehn forschend voran, damit man ohne Gefahr auftreten könne. Jede Verwegenheit ist von der Klugheit zum Untergang verurtheilt; wenn auch bisweilen das Glück sie begnadigt. Mit Zurückhaltung muß man vorschreiten, wo tiefer Grund zu fürchten ist. Die Schlauheit gehe spürend voran, bis die Vorsicht allmälig Grund und Boden gewinnt. Heut zu Tage sind im menschlichen Umgang große Untiefen: man muß bei jedem Schritt das Senkblei gebrauchen.  - (ora)

Mut

 

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme