erstimmung   »Es war immerhin ganz interessant für mich, Sie kennenzulernen. Man macht sich so seine Vorstellung von den Leuten.«

Er wagte nicht, sie zu fragen, was für eine Vorstellung sie sich von ihm gemacht habe und vor allem, was für eine sie sich jetzt mache. Sie hatte sich erhoben, stand in ihrem enganliegenden, ihre Formen betonenden Kostüm da, und einige Gäste sahen sie an und blickten dann zu Maigret hin, der, wie sie wahrsdieinlich fanden, Glück hatte. Er erhob sich ebenfalls und verabschiedete sich draußen auf dem Gehsteig von ihr.

»Ich danke Ihnen«, sagte er, wenn auch nur widerwillig.

»Nicht nötig. Und machen Sie sich keine Kopfschmerzen Alains wegen.«

»Weshalb nicht?«

Sie zuckte die Schultern.

»Das war nur so ein Gedanke. Ich habe den Eindruck, auch wenn Sie Maigret sind, müssen Sie noch viel lernen

Damit entfernte sie sich rasch in Richtung der nahen Rue de Berry, ohne sich noch einmal nach ihm umzudrehen. Er hatte das Polizeiauto wieder zurückfahren lassen und stieg nun in die überfüllte Metro, was seine schlechte Laune nur noch verschlechterte. Er ärgerte sich über alle und auch über sich selbst. Wäre er jetzt Pardon begegnet, hätte er ihm Vorwürfe gemacht, daß er ihm etwas von diesem aufgeblasenen Lagrange erzählt hatte, und er grollte auch seiner Frau wegen der Revolvergeschichte, an der er ihr fast die Schuld gab. In der Metro roch es nach Waschlauge. Die Reklametafeln an den Stationen, immer die gleichen, widerten ihn an. Als er wieder ans Tageslicht kam, brannte die Sonne geradezu, und er grollte auch ihr, weil sie ihn schwitzen ließ. Der Bürodiener, der ihn vorüberkommen sah, merkte, daß er verstimmt war, und begnügte sich darum mit einem diskreten Gruß. - Georges Simenon, Maigret und sein Revolver. München 1977 (Heyne Simenon-Kriminalromane 14, zuerst 1952)

 

Stimmung

 

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