Versteigerung  Wir wollen zusehn, sagte der Ausrufer und der Herr der Sklavin, ob sich ein anderer Käufer findet. Da näherte sich ein Mann, der schon seine Jahre zählte, der aber, um noch jung zu scheinen, sich den Bart gefärbt hatte.

»Sage, improvisirte die Sklavin sogleich, sage dem, der sich den Bart gefärbt hat, daß ich das Falsche und Erborgte nicht liebe. Sich färben heißt sich verstellen, und ich liebe die Verstellung nicht.«

Da trat ein Dritter in die Reihe der Bietenden, aber unglücklicher Weise war er einäugig.

»Glaubt mir, improvisirte die Sklavin, und flieht den Einäugigen. Es taugt nichts in seiner Gesellschaft zu seyn, denn sonst würde ihn das eine Auge nimmermehr verlassen haben.«

So betrachtet also diesen, der so eben herkommt, um auch ein Gebot zu thun, sagte der Ausrufer. Es war ein Mann von kurzem, untersetztem Wuchse, dem der Bart bis auf die Kniee herabhieng.

Pfui! sagte die Sklavin, das ist der Mann, den der Dichter vor Augen gehabt hat, wenn er sagt:

»Der gütige Gott hat meinem Geliebten eine zu große Portion Bart verliehen. Dieser Bart gleicht einer Winternacht, lang, schwarz und kalt.«

So sehet denn also selbst zu, sagte der Ausrufer, wer unter allen Anwesenden das Glück hat, euch zu gefallen.

Hierauf ließ sie ihre Blicke frey unter den Umstehenden umherschweifen. Zuletzt blieben sie auf Alischar haften, von dessen Gestalt sie auf der Stelle hingerissen wurde.

Ausrufer, sagte sie, ich will niemanden angehören, als diesem schönen jungen Mann. Ach, er ist es ohne Zweifel, von dem der Dichter spricht, wenn er sagt:

»Unverständige werfen ihm die Leiden vor, die sein schönes Gesicht verursacht. Wenn sie sich dagegen sichern wollen, warum bedecken sie nicht mit einem Schleyer sein schönes Gesicht?

Das Wasser seines Mundes ist ein berauschendes Naß, seine Lippen hauchen Kampherdüfte aus, der Wächter des Paradieses hat ihn daraus verwiesen, aus Furcht, daß er die Huris verführe. Die Menschen tadeln ihn, aber der aufgehende Mond wird sein Vertheidiger.«

Als sie aufgehört hatte zu improvisieren, näherte sich ihr Herr dem jungen Alischar. Freund, sagte er zu ihm, ihr seht, welch ein Wunder von Schönheit, guter Erziehung und Beredsamkeit diese Sklavin ist, und wenn ihr diesen Schatz für 1000 Dukaten bekommt, so habt ihr wahrhaftig einen wohlfeilen Kauf gethan. Ich schwöre euch, daß sie den Koran auf 7 verschiedene Arten lieset, daß sie sich in siebenerley Arten von Handschrift auszeichnet, daß sie in Seide, Gold und Silber stickt, und daß euer Geld sich schon allein durch den Verkauf ihrer Handarbeiten reichlich verzinsen wird. — O welches Glück, rief der Ausrufer, einen solchen Edelstein zu besitzen! Wie glücklich seyd ihr, sagte er dann zu Alischar, dem er zu gleicher Zeit die Hände küßte, wie glücklich seyd ihr, daß ihr euch auf eine so wohlfeile Art in den Besitz eines solchen Schatzes setzen könnt. Man sieht wohl, daß ihr ganz besonders vom Glück begünstigt seyd.

Alischar konnte nicht umhin zu lächeln, als er diese Worte hörte. Wie! sagte er bey sich selbst, ich bin heute noch nüchtern, und man behauptet, ich hätte Geld genug, um einen solchen Kauf zu thun? — Er neigte also sein Haupt und antwortete gar nichts, weil er sich schämte, die Unmöglichkeit zu gestehen, in der er sich befand, diesen Vorschlag anzunehmen.

Geschwind, sagte die schöne Sklavin, führt mich selbst zu dem jungen Manne; ich will mit ihm reden, und ihn dahin vermögen, mich zu kaufen, denn ich bin entschlossen, nur ihm anzugehören. — Der Ausrufer nahm sie also bei der Hand und führte sie zu Alischar. Geliebter meines Herzens, sprach sie zu ihm, wollt ihr mich nicht kaufen? Alischar schüttelte blos traurig den Kopf— statt zu sagen: Nein! — Aha, sagte sie, vielleicht findet ihr mich zu theuer. Wollt ihr mich für 900 Dukaten kaufen, fragte sie. — Nein! — Für 800? — Nein! — Für 700? — Nein! — Nein? — Und so kam sie bis auf 100 Dukaten, empfieng aber immer die nämliche Antwort. — Ich habe nicht 100 Dukaten in meinem Vermögen, antwortete endlich Alischar. — Fehlt noch viel daran? sagte sie, wir wollen einmal annehmen, ihr hättet 80; und hierauf fieng sie von neuem an, wieder von dieser Summe nachzulassen, bis Alischar sie auf einmal mit den Worten unterbrach: Meine Gebieterin, ich habe weder Gold noch Silber, nicht einen Dukaten, und nicht einmal einen Heller, ihr müßt euch einen andern Käufer suchen. — Thut, was ich euch sage, antwortete sie, faßt meine Hand, und umarmt mich von der Seite, dieß ist das Zeichen, daß der Handel geschlossen ist.

Alischar that, wie sie ihn geheißen hatte. Hierauf zog sie aus ihrer Tasche einen Beutel, den sie ihm in die Hand drückte. Hier, sagte sie, sind tausend Dukaten, bezahlt davon neunhundert meinem Herrn, und behaltet die übrigen hundert, damit wir die nothwendigsten Bedürfnisse zu kaufen im Stande sind. Alischar bezahlte die neunhundert Dukaten, und führte die Sklavin mit sich nach Hause. Hier war weder Bett, noch Sopha, noch Tisch, noch Schüssel mehr zu sehn. Die Sklavin schickte Alischarn auf der Stelle auf den Markt, um die unentbehrlichsten Möbeln mit dem übrigen Hausgeräthe einkaufen zu lassen. Alischar schaffte alles dieses herbey. Smaragdine brachte ein Zimmer und ein Bett in Ordnung, besorgte dann die Küche und brachte den Abend und die Nacht auf die entzückendste Weise in den Armen ihres neuen Herrn zu, der sie gränzenlos liebte. - (101)

Versteigerung (2)

 - "Jim"

 

Verkauf Steigerung

 

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