Versöhnungsarbeit  Na also, endlich! Endlich gibt es nach Trauerarbeit, Verdrängungsarbeit, »Stolzarbeit«, Beziehungsarbeit, Partnerarbeit, Phantasiearbeit, Schamarbeit und Bibelarbeit wieder mal was Handfestes, eine Steigerung der »Beinarbeit« (Steffi Graf) — nämlich, laut Psychologie heute, eine Körperarbeit; allerdings leider in Form schon wieder einer »Umerziehung des Körpers«, und drum wollen wir auch gar nichts Genaueres und Weiteres mehr wissen, was weswegen und warum es mit dieser Körperarbeit auf sich hat. Zumal man jetzt etwa gleichzeitig aus ungefähr der gleichnamigen Ecke vernimmt, daß es neben der M. Mitscherlichschen Erinnerungsarbeit in den gleichen Schamkultur-Zirkeln auch schon wieder und im Gefolge der Lothar Späthschen »Versöhnungsgesellschaft« eine »Versöhnungsarbeit« gibt. Nämlich, jawohl, kurz vor Alphabetschluß hat uns auch die noch ereilt, nämlich in der ARD-Sendung "Leid und Leistung der Vertriebenen": »Die Heimatvertriebenen haben eine wichtige Aufgabe in der Versöhnungsarbeit zwischen Deutschen und Ostvölkern.« Nein, nicht »Verhöhnungsarbeit«! »Versöhnungsarbeit«! Wobei ein von Suhrkamp ausgeliehener preiswerter Titel-Computer einfach sturheil weitermachen könnte: Von der bereits von Karl Kraus am 18. 1. 17 gewürdigten »Verständigungsarbeit« (der Presse) über die Verstreutheitsarbeit und die Verstrohdummungsarbeit zur endgültig alle Marx-Adornoschen Widersprüche und Antinomien aussöhnenden und zudeckenden Verschwurbelungs- respektive Verzweckfreiungsarbeit — nein, man braucht kein Lord Chandos zu sein, um ganz körperlich die Verzweiflungsspirale inmitten der Versöhnungsarbeit zu spüren, wie diese Welt nämlich sprachlich immer vollständiger und verruchter und brunzdümmer zwischen den Fingern zerrinnt und zerstäubt. - (eh)

Versöhnungsarbeit (2)  »Schweig! - oder er ist ein Rezensent wie du; und der Teufel hole jeden Esel, der schreibt, und den er reitet; es ist genug, wenn das Tier spricht. Mache mir jetzt etwas Tee zurecht, denn das Wasser kocht; schneide aber deine Hosenknöpfe ab, damit du mir nicht entläufst.«

»Lieber mein Leben lass' ich als meine Ehre,« sagte Stryk, »bloß aufknöpfen will ich den Hosensack und herunterlassen; und es tut ja der Länge wegen denselben Dienst...«

Während er im Hemd mühsam das Teewasser aufgoß: zog der Doktor den Widerruf hervor und sagte, wenn er ihn beschwöre und unterschreibe, so woll' er ihm das Leben selber schenken und ihn nur an den Gliedern, wo er es für gut befinde, mit dem Stab-Sanft bestreifen. Strykius schwur und schrieb. Darauf begehrte der Doktor, daß ers auswendig vor ihm lerne, weil er selber das Dokument wieder zu sich stecken müsse. Der Arzt predigte den Aufsatz endlich auswendig (der Hosensack war seine Kanzel) her. »Gut!« sagte Katzenberger. »Nun haben wir beide nichts Wichtiges weiter miteinander abzumachen, als kollegialisch zu überlegen, welches von den Gliedmaßen ich denn vor dem Einsitzen zu zerschlagen habe; wir haben die Wahl. Wir könnten die Nase nehmen und solche breitschlagen; teils weil du auf meine grobe knollige kurze Fuhrmanns-Nase etwas heruntersiehst, teils weil nach Lavater sich unter allen Gliedern die Nase am wenigsten verstellen kann, und du also bei deiner Vermummerei Gott und mir danken wirst, wenn du ein aufrichtiges Glied weniger hast — Wir könnten aber auch zum Kopfe greifen, womit oder worin du besonders gesündigt und rezensiert, und ich könnte, da er noch nicht offen genug scheint, wenigstens die sieben Sinnenlöcher, die der Vorderkopf hat, auch dem Hinterkopf durch den Natur-Trepan eines sogenannten Stocks einoperieren — Oder vor und von der Hand könnten so viele Einger, als leider rezeptieren und rezensieren, bequem dezimiert werden — Oder ich könnte auch das Pistol an deine Wade halten und sie durchschießen, um aus der Hämatose zu sehen, ob sie eine falsche sei — Die Auslese wird schwer, du hast verdammt viel Glieder!« - (katz)
 

Seelenarbeit
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