erschrobenheit  Manchmal ist es auch wichtig, Widersinniges zu erwähnen; doch muß dies flüchtig und beiläufig geschehen, nur im Hinblick auf die Geschichte des menschlichen Geistes, der sich in gewissen Verschrobenheiten besser enthüllt als in der vernünftigsten Handlung. Die Untersuchung solcher Verschrobenheiten bedeutet für die Moralisten das gleiche wie die Sezierung einer Mißgeburt für den Naturforscher: diese nützt ihm mehr als das Studium von hundert ähnlichen Individuen. Manche Worte sind ausdrucksvoller und treffender als eine ganze Rede. Ein Mensch, dem man keine schlechte Handlung vorwerfen konnte, sagte unendlich viel Schlechtes über die menschliche Natur. Irgend jemand fragte ihn: »Wo haben Sie diesen scheußlichen Menschen eigentlich gesehen?« - »In mir selbst!« antwortete er. Das ist ein böser Mensch, obgleich er nie Böses getan hat; hoffentlich stirbt er bald! - (enz)

Verschrobenheit (2)  Sich nicht gemeiner Launenhaftigkeit hingeben. Der ist ein großer Mann, welcher nie von fremdartigen Eindrücken bestimmt wird. Beobachtung seiner selbst ist eine Schule der Weisheit. Man kenne seine gegenwärtige Stimmung und baue ihr vor: ja, man werfe sich aufs entgegengesetzte Extrem, um zwischen dem Natürlichen und Künstlichen den Punkt zu treffen, wo auf der Waage der Vernunft die Zunge einsteht. Der Anfang der Selbstbesserung ist die Selbsterkenntniß. Es giebt Ungeheuer von Verstimmtheit: immer sind sie bei  irgend einer Laune, und mit dieser wechseln sie die Neigungen: so immerwährend von einer niederträchtigen Verstimmung am Seile geschleppt, lassen sie sich auf grade entgegengesetzten Seiten ein. Und nicht bloß den Willen verdirbt dieser ausschweifende Hang; auch an den Verstand wagt er sich: Wollen und Erkennen wird durch ihn verschroben.  - (ora)
 
Charakter
Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe
Verwandte Begriffe
Synonyme