erschlucken  Sehr alt ist  die Vorstellung, daß die Gebärmutter ein im Frauenleib herumwanderndes Tier sei, eine Kröte, die wachsen und gedeihen konnte. Der römische Kaiser Nero soll so ein Tier verschluckt haben, um sich das Gefühl der Schwangerschaft vorstellen zu können; diese Kröte wuchs ihm bald danach zum Halse heraus.  - (schen)

Verschlucken (2) Oskar, der sich nicht so schnell umstellen konnte, verlegte sich, Ersatz für seine Ameisen suchend, auf das Beobachten mehrerer platter, graubräunlicher Tiere, die sich auf dem Kragenrand meines Kalmücken ergingen. Gerne hätte ich solch eine Laus gefangen und untersucht, weil auch in meiner Lektüre, weniger bei Goethe, um so häufiger bei Rasputin von Läusen die Rede war. Weil ich aber mit einer einzigen Hand den Läusen schlecht beikommen konnte, trachtete ich, das Parteiabzeichen loszuwerden. Und um meine Handlungsweise zu erklären, sagt Oskar: Da der Kalmücke schon mehrere Orden an der Brust hatte, hielt ich jenen mich stechenden und am Läusefangen hindernden Bonbon dem seitwärts von mir stehenden Matzerath mit immer noch geschlossener Hand hin.

Man kann jetzt sagen, das hätte ich nicht tun sollen. Man kann aber auch sagen: Matzerath hätte nicht zuzugreifen brauchen.

Er griff zu. Ich war den Bonbon los. Matzerath erschrak nach und nach, als er das Zeichen seiner Partei zwischen den Fingern spürte. Mit nunmehr freien Händen wollte ich nicht Zeuge sein, was Matzerath mit dem Bonbon tat. Zu zerstreut, um den Läusen nachgehen zu können, wollte Oskar sich abermals auf die Ameisen konzentrieren, bekam aber doch eine rasche Handbewegung Matzeraths mit, sagt jetzt, da ihm nicht einfällt, was er damals dachte: Es wäre vernünftiger gewesen, das bunte runde Ding ruhig in der geschlossenen Hand zu halten.

Er aber wollte es loswerden und fand trotz seiner oft erprobten Phantasie als Koch und Dekorateur des Kolonialwarenladenschaufensters kein anderes Versteck als seine Mundhöhle.

Wie wichtig solch eine kurze Handbewegung sein kann! Von der Hand in den Mund, das reichte aus, die beiden Iwans, die links und rechts friedlich neben Maria gesessen hatten, zu erschrecken und von dem Luftschutzbett aufzujagen. Mit Maschinenpistolen standen sie vor Matzeraths Bauch, und jedermann konnte sehen, daß Matzerath versuchte, etwas zu verschlucken.

Hätte er doch zuvor wenigstens mit drei Fingern die Nadel des Parteiabzeichens geschlossen. Nun würgte er an dem sperrigen Bonbon, lief rot an, bekam dicke Augen, hustete, weinte, lachte und konnte bei all den gleichzeitigen Gemütsbewegungen die Hände nicht mehr oben behalten. Das jedoch duldeten die Iwans nicht. Sie schrien und wollten wieder seine Handteller sehen. Aber Matzerath hatte sich vollkommen auf seine Atmungsorgane eingestellt. Selbst husten konnte er nicht mehr richtig, geriet aber ins Tanzen und Armeschleudern, fegte einige Weißblechdosen voller Leipziger Allerlei vom Regal und bewirkte, daß mein Kalmücke, der bisher ruhig und leichtgeschlitzt zugesehen hatte, mich behutsam absetzte, hinter sich langte, etwas in die Waagerechte brachte und aus der Hüfte heraus schoß, ein ganzes Magazin leerschoß, schoß, bevor Matzerath ersticken konnte. - Günter Grass, Die Blechtrommel. Frankfurt am Main 1965 (Fischer-Tb. 47314, zuerst 1959)

Verschlucken (3)

Y si despues de tantas palabras

Y si despues de tantas palabras,
no sobrevive la palabra!
Si después de las alas de los pájaros,
no sobrevive el päjaro parado!
Mas valdria, en verdad,
que se lo coman todo y acabemos!

Haber nacido para vivir de nuestra muerte!
Levantarse del cielo hacia la tierra
por sus propios desastres
y espiar el momento de apagar con su sombra su tiniebla!

Mas valdria, francamente,
que se lo coman todo y qué más da!...

Y si después de tanta historia, sucumbimos,
no ya de eternidad,
sino de esas cosas sencillas, como estar
en la casa o ponerse a cavilar!
Y si luego encontramos,
de buenas a primeras, que vivimos,
a juzgar por la altura de los astros,
por el peine y las manchas del pañuelo!
Más valdría, en verdad,
que se lo coman todo, desde luego!
 

Se dirá que tenemos
en uno de los ojos muchia pena
y también en el otro, mucha pena
y en los dos, cuando miran, mucha pena . ..
Entonces!... Claro!... Entonces!... ni palabra!

Wenn man bedenkt

Wenn man bedenkt, daß das Wort
so viele Worte nicht überleben kann,
nicht der stehende Vogel
die Flügel der Vögel!
Besser, wahrhaftig, wär es,
das Ganze zu schlucken mit Haut und Haar und Schluß damit!

Geboren sein, um vom eigenen Tod zu leben!
Sich vom Himmel zur Erde erheben
um des eigenen Unglücks willen
und nur auf den Anblick lauern, wo der eigene Schatten
     die eigene Finsternis löscht!
Besser, aufrichtig gesprochen, wär es,
das Ganze zu schlucken mit Haut und Haar, und wenn schon!

Wenn man bedenkt, daß wir nach soviel Geschichte erliegen, zwar nicht der Ewigkeit,
sondern diesen einfachen Dingen, wie dem Zuhaus-
sein oder der Versuchung, zu grübeln;
und daß wir dann, auf den ersten Blick,
auf die Idee verfallen, wir seien am Leben,
nach der Höhe der Sterne, nach dem Kamm
und nach den Flecken im Taschentuche zu schließen!
Besser, wahrhaftig, wär es,
das Ganze zu schlucken mit Haut und Haar, und zwar auf der     Stelle!

Man wird sagen, wir hätten
viel Schmerz im Auge, dem einen Auge
und auch im andern viel Schmerz
und in allen beiden, wenn wir sie auf tun, viel Schmerz ...
Na und ...! Sicherlich ..,! Was weiter,..! Kein Wort mehr!

- César Vallejo, Gedichte. Frankfurt am Main 1963  (zuerst ca. 1939)

Verschlucken (4) Als Dinteville sich in Lavaur niederließ, war einer seiner ersten Patienten ein Jongleur, der einige Wochen zuvor eines seiner Messer verschluckt hatte. Da Dinteville nicht wusste, was er tun sollte, ihn auch nicht zu operieren wagte, gab er ihm für alle Fälle ein Brechmittel und der andere holte ihm daraufhin einen ganzen Haufen kleiner Nägel hervor. Dinteville war so verblüfft, dass er einen Bericht über diesen Fall schreiben wollte. Aber die wenigen Kollegen, denen er von dieser Angelegenheit erzählte, rieten ihm davon ab. Selbst wenn sie manchmal von ähnlichen Fällen oder Geschichten gehört hatten, wo verschluckte Nadeln sich ganz allein in der Speiseröhre oder im Magen umdrehen, ohne den Darm zu durchbohren, so waren sie doch überzeugt, dass es sich diesmal um eine Irreführung handelte. - (rec)

Verschlucken (5) Ein Gefangener verschluckte ein 7 cm langes und 1,5 cm breites Stück Eisen von einem Türschloß. Der Bauer H. B., 34 Jahre, Brandstiftung, verschluckte 61 Drahtstücke, mehrere Blechstücke von 2 mal 4 cm Größe, 6 zum Teil scharfkantige, etwa zehnpfennigstückgroße Porzellanscherben, mehrere Nägel, darunter einen von 4 cm Länge, eine Stopfnadel von 7 cm Länge und eine abgebrochene alte Stahlfeder. Ein anderer Gefangener verschluckte einen Löffelstiel und einen Mauerhaken, Ein älterer Gefangener verschluckte sechs Löffelstiele sowie mehrere Draht- und Blechstücke. Eine Frauensperson verschluckte 210 Gegenstände, die auf operativem Wege alle auf einmal wieder glücklich entfernt wurden: 3 Schlüsselhaken, 15 Schlüssel, l Reißzwecke, 25 Schrauben, 10 Haken, 75 Nägel, 8 Stecknadeln, 22 Sicherheitsnadeln, 1 Ring, 7 Kragenknöpfe usw. usw. In diesem Fall handelte es sich um eine Person, die, ohne Gefangene zu sein, vom Gerichtsarzt behandelt wurde.   - (net)

Kehle Schlucken
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