erkleidung  »Ich habe darüber nachgedacht.« Crane nahm einen langen, nachdenklichen Schluck Whiskey. »Sie werden nicht glauben, daß wir Bullen sind, wenn wir uns ausreichend betrinken, nicht, wenn wir uns sinnlos betrinken.« Er winkte Courtland mit dem Arm. »Daran können Sie sehen, daß nichts umsonst ist, nicht, wenn Sie schlau sind. Sie und ich, wir trinken schon den ganzen Tag. Wenn wir jetzt ins Bett gingen, wäre alles vergeudet. Jawohl, Sir, jeder Tropfen. Jeder süße, kleine Tropfen.« Er kostete seinen eigenen Drink, um zu zeigen, was er mit einem süßen, kleinen Tropfen meinte, und fuhr fort: »Aber ich bin schlau. Meinen Sie etwa, ich trinke nur zum Spaß? Oder weil ich mich vor Frankie French fürchte, diesem Dreckskerl? Nein. Tausendmal nein. Ich verfolge einen Zweck. Ich vergeude nichts. Ich verschaffe mir 'ne Basis, damit ich betrunken werde und zum Clark-Erie Tanzlokal gehen kann, ohne daß Leute mich, ihn, mich verdächtigen, ein Bulle zu sein.« Er zwinkerte ihnen zu. »Tatsache ist, ich bin kein Bulle.«

Doc Williams sagte: »Junge! Du hast dir wirklich 'ne Basis verschafft.«

»Nun, Gentlemen«, fragte Crane, »wer von euch ist gewillt, seine Integrität zu opfern und sich so zu betrinken, daß er mitkommen kann?«

Es stellte sich heraus, daß beide gewillt waren, das Opfer zu bringen. Dermaßen gewillt, in der Tat, daß sie eine Münze werfen mußten, um zu bestimmen, wer das Opfer sein würde. O'Malley gewann. Er schob Williams' Beileidsbekundungen beiseite, mißachtete dessen Angebot, seinen Platz einzunehmen. Er sagte: »Trinken wir noch eine Opferrunde.«

Crane fragte; »Soll's ein Scotch-Opfer, ein Bourbon-Opfer oder nur ein gutes, altes, einfaches Gin-Opfer sein?«

Sie entschieden sich für ein Scotch-Opfer. - Jonathan Latimer, Leiche auf Abwegen. Zürich 1988 (detebe 21592, zuerst 1936)

Verkleidung (2)en finde ich herrlich, und zwar schon seit meiner Kindheit. In Madrid habe ich mich manchmal als Priester verkleidet und bin so auf die Straße gegangen — dafür hätte ich fünf Jahre Gefängnis bekommen können. Ich habe mich auch als Arbeiter verkleidet. Niemand in der Straßenbahn beachtete mich. Ich war einfach nicht vorhanden.

Ebenfalls in Madrid führten ein Freund und ich uns gern als paletos auf, als Flegel, Grobiane. Wir gingen in eine Kneipe, und ich sagte augenzwinkernd zu der Wirtin: „Geben sie meinem Freund eine Banane, dann können Sie was sehen!" Er nahm die Banane und aß sie auf, ohne sie zu schälen.

Einmal habe ich mich als Offizier verkleidet und zwei Kanoniere angepfiffen, weil sie mich nicht gegrüßt hatten, und sie auf die Wache geschickt. Ein andermal begegneten Lorca, der ebenfalls verkleidet war, und ich einem jungen, damals berühmten Dichter, der früh sterben sollte. Federico fing an, ihn zu beschimpfen. Er hat uns nicht erkannt.

Viel später in Mexiko, als Louis Malle in den Churubusco-Ateliers, wo jeder mich kannte, Viva Maria drehte, bin ich einfach mit einer Perücke ins Studio gekommen. Malle ging an mir vorbei, ohne mich zu erkennen. Überhaupt erkannte mich niemand, weder die Techniker, mit denen ich immer zu tun gehabt hatte, noch Jeanne Moreau, mit der ich schon gedreht hatte, nicht einmal mein Sohn Jean-Louis, der Malles Assistent war.

Sich zu verkleiden ist eine aufregende Sache. Jeder sollte es einmal tun, weil es einem einen Einblick in ein anderes Leben erlaubt. Als Arbeiter bekommt man zum Beispiel automatisch die billigsten Streichhölzer angeboten. Niemand läßt einem den Vortritt. Die Mädchen sehen einen nicht an. Die Welt gehört den anderen.  -  Luis Buñuel, Mein letzter Seufzer. Berlin, Wien, Frankfurt am Main 1985

 

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