erkäufer   »Ich hab etwas für Sie. Aber Sie dürfen mir's nicht übelnehmen«, sagte Knöller und holte aus der Jackentasche ein Couvert mit Fotografien. Da lag ein nacktes Mädchen, die Beine gespreizt und bäuchlings auf der Couch, stellte auf einer zweiten einen Fuß auf einen Schemel und lehnte schließlich an der Tür, die Arme überm Kopf verschlungen, damit ihr Busen nicht herunterhing. »Sehen Sie sich so etwas nicht gerne an? Sind Sie da ein bißchen spießig?« fragte Knöller. »Nein. Ich möcht nur wissen, warum das Mädchen teigig aussieht. Man spürt doch nichts von ihrer Haut.« Und Eugen rieb Daumen und Fingerspitzen aneinander. »Da ist einer zu mir gekommen und hat gefragt, ob ich ihm nicht sein Mädle fotografieren tat. Und da hab ich das heruntergeknipst, ganz kalt ... Ich hab zu ihr gesagt: Drücken Sie doch den Venusberg ein bißchen raus, und sie hat geantwortet, das könne sie nicht.« Ein mageres Ding, das Knöller geknipst hatte, und erotisch nicht hinreißend. Vielleicht, daß Knöllers teigige Art zu fotografieren daran schuld war, oder daß er als gegenstandsloser (oder abstrakter) Maler der Darstellung sinnlicher Hautwirkungen entwöhnt war; was freilich nicht zu seiner Redeweise paßte, mit der er immer wieder auf Geschlechtliches anspielte. Und Eugen erinnerte sich Knöllers Frau als einer Mageren und Kleinen mit zusammengezogenem Mund, die immer Bitteres zu schmecken schien. Sie war Verkäuferin, und Knöller hatte sie geheiratet, als ihre gemeinsame Tochter achtzehn Jahre alt geworden war.

»Soll ich Ihnen einen Witz erzählen? Sie dürfen aber daann nicht sagen, er sei zu arg.«

»Ach nein ... Bitte schön, Herr Knöller«, sagte Eugen und hörte sich etwas an, das sogar für einen Soldaten das Äußerste oder der Gipfel gewesen wäre. Trotzdem lachte er.  - Hermann Lenz, Ein Fremdling. Frankfurt am Main 1988 (st 1491, zuerst 1983)

Verkäufer (2)  Es giept ein Brauch aus den Zeythen des Groszvatters meynes Groszvatters, aus Zeythen mithin, allwo die Ehmänner noch Achtung fordreten von ihren Ehweipern, sey es im Hause, sey es herauszen. Sotan war der Brauch, dasz ein Ehmann, so er mit dem Ehweipe nit mehr zusammen wollt leben, die ihm gefordrete Achtung verwehrte, seys, weyl sie ihn hörnte, seys aus Übelwollen öd andrem Grundte, dasz ein Ehmann, so sagt ich, das Recht besessen, sie auf den Markte zu führen alswie eine Kuh und sie feylzubiethen. Der Meistbiethendte könnt sie alsodann erwerpen. Itzit hapt ihr vor euren Augen das Ehweip meyn. Ich hap mich entschlossen, mit ihrer eignen rechtmäszichten Einwilligung, sie zu verkauften. Dasz der Herrunsergott mir beysteh und mich erlöse von diesem Unheyl, das ich mir eygenhändticht ins Haus hap geschaffen! Den Freundten meyn kann ich ein ähnlich Unheyl nit wünschen allwie Cesira es war für den hie anwesendten Unterzeychner in diesen zween Jahr unsres Ehstands. Doch alsogleych will ich auch sagen, dasz das Unheyl meyn das gröszte Glück eines andren könnt erschaffen. Gewisse Weiper, die sich alswie ein reiszendt Thier wider den einen verhalten, können für einen andren alswie ein Schutzengel werdten. So hat auch Cesira ein paar guthe Eygenschafften und keineswegs nur Nachtheyle. Vorzüglich ist sie eine Lustgurkenfresserin von einmalichtem Können, und das soll wohl den interessieren, der einen tüchticht arbeitendten Balken hat, wo nit, sollt er sich garnit erst vorwagen. Sehet mich an, wie sie mich in zween Jahr unsres Ehstands zum Krüppel gemacht! Ich sag euch die allerheilichste Wahrheyth, ich bins nit mehr fähicht, mich mir ihr einzulassen, ich bins nit mehr fähicht dazu! Sehet mich an, kaum auf den Beynen halt ich mich noch! - (ma3)

Verkäufer (3)

Verkäufer

- (tomk)

Verkäufer (4) Mein Vater war sicherlich ein ausgezeichneter Verkäufer. Er hat mir keinen einzigen Zug seines Charakters oder seines Temperaments vermacht. Er war ein Sanguiniker mit rotgeäderten Wangen (L., der einige Tage bei uns zu Hause verbracht hatte und ihn im Alter sah, war überrascht, wie sehr er wie ein »Oberst der Indienarmee« aussah), ständig in Bewegung, fröhlich, herzlich, unglaublich umgänglich, lebhaft, ungeduldig, »leicht aus der Haut fahrend«, eine Stimmungskanone, schelmisch ohne Boshaftigkeit (er imitierte seine Kunden glänzend) und ein unerschöpflicher Anekdotenerzähler; eine wahre wandelnde Chronik von fünf Kantonen. Ich glaube, er war in allen Dörfern der Gegend von Mauges beliebt, wo er lange Jahre in Erinnerung geblieben war: seine einige Tage im voraus durch eine Bekanntmachung gemeldete Ankunft war ein kleines Ereignis, und das Schellengeläute von Volante scharte vor dem Gasthof, in dem er abstieg, in wenigen Minuten die fünf, sechs ständig über ihre Zeit verfügenden, ständig herumspazierenden Rentner, Bummler, Bastler, Muscadettrinker, Sänger, Angler, Boule- oder Kartenspieler zusammen, die damals jedes Dorf beherbergte: die Beschäftigungen waren unglaublich elastischer und unbestimmter als heute: man lebte dort von nichts, man ging mit fünfzig in den Ruhestand. Der Hufschmied trat aus  seiner Werkstatt, die Hände auf den Hüften, vom Hufschlag Volantes alarmiert, deren Trott angeblich unvergleichlich war. jvtan verabredete sich für den Abend, nach beendeter Arbeit, für die einfachen Zerstreuungen jener Zeit, die Kartenpartie zum Aperitif, das nächtliche Krebsfischen mit den Körben oder in aller Frühe, im Morgengrauen, um Pilze suchen zu gehen. Auf bestimmte Tourneen nahm mein Vater, der gefällig Geige spielte, seine Fiedel in ihrem hölzernen Kasten mit, und nach dem Abendessen wurde rund um einige Gläser Muscadet eine anspruchslose Tanzerei veranstaltet. - (grac2)


Verkauf Beruf

 


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