erhungern Ich
erinnere mich noch, daß sich einen Monat nach Elenas Tod im ganzen Haus
ein scheußlicher Gestank verbreitete. Es roch
nach Aas. Man wusch, seifte, schrubbte, scheuerte
und desinfizierte - alles umsonst; also wurden Arbeiter geholt, Fliesen
und Parkettböden aufgerissen, weil man annahm, darunter krepierte Ratten
zu finden, aber es waren keine da, und der greuliche Geruch, weit entfernt
sich zu mildern, verstärkte sich dermaßen, daß er eines schönen Tages direkt
zu Elenas Zimmer führte, von dem aus, das stand nun fest, das Haus verpestet
wurde. Nachdem alles durchsucht und sämtliche Mauern abgeklopft waren,
entdeckte man schließlich in einer Zwischenwand einen kaum sichtbaren Einbauschrank,
in dem sich von oben bis unten unzählige Schachteln
und Dosen stapelten, all die Verpackungen, die Elena bekommen oder ihren
Schwestern gestibitzt hatte, Hutschachteln, Schuhkartons, Handschuhkästchen,
bemalte Tüten, die einmal überzuckerte Mandeln und Schokoladebonbons enthalten
hatten, blecherne Keksdosen, bunte Körbchen aus geflochtenen Holzspänen,
in denen man zu Geburtstagen oder manchen anderen Festen kandierte Früchte
überreicht, Kistchen aus weichem Holz, in denen kleine Geschenke angekommen
waren, Puppenköfferchen. Und all das war angefüllt mit Hunderten, Tausenden
von sorgfältig nach Größe, Form und Farbe sortierten und eingeordneten
Schnecken, die durch Elenas Tod verhungert waren.
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(cend)
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