MACBETH Wärs abgetan, so wies getan, wärs gut, |
- Shakespeare, Macbeth
Vergeltung (2) »Ich habe oft gedacht, wenn ich mir einen Harem hielte, müßten die Frauen alle Leinen tragen oder Baumwolle, jedenfalls pflanzliches Zeug. Seide würde ich nicht dulden; man weiß nie, ob sie noch sauber ist; sie muß schon sehr schmuddelig sein, bis man es merkt. Leinen läßt jede Schmutzspur sichtbar werden.»
Dr. Samuel Johnson, den großen Moralisten und Lehrer der Lebensweisheit, in einem Polsterstuhl auf der Insel Skye feierlich darüber Vortrag halten zu hören, wie er sich einen Harem einrichten würde, das wirkte auf mich so komisch, daß ich schallend herauslachen mußte, zumal er ausdrücklich gesagt hatte, er habe sich schon oft mit dem Gedanken getragen. Nun ließ es aber sein Stolz nicht zu, jemals Gegenstand der Heiterkeit zu sein, und so vergalt er es mir denn sogleich mit so schnödem Witz und einer ganzen Reihe von so unvorteilhaften Vergleichen, alle auf mich gemünzt, daß rundherum eitel Schadenfreude herrschte und ich froh wäre, jede Erinnerung an seine Gegenrede aus meinem Gedächtnis tilgen zu können.
Im Manuskript hatte Boswell Johnsons Schnödigkeiten getreulich aufgezeichnet:
«Macqueen fragte ihn, ob er mir Zutritt zu seinem Harem gewähren würde. 'Warum
nicht', versetzte Johnson, 'sofern er sich entsprechend verschneiden ließe;
er würde einen trefflichen Eunuchen abgeben, fürwahr, einen schönen Dickwanst
gäbe das. Er würde seine Rolle sicher ausgezeichnet spielen." — 'Vermutlich
besser als Sie die Jhre', gab ich zurück, worauf er unwirsch entgegnete: 'Ich
habe Ihnen noch gar nicht gesagt, was für eine Rolle mir zukäme.' Dann ließ
er sich wieder über meine Eignung zum Haremswächter aus, und zwar so beredt,
daß es über den Spaß ging.» (Anm. d. Übers.) -
(
johns
)
Vergeltung (3) Jemand fragte: Was haltet Ihr von der Verhaltensregel: Vergelte Rache mit einer Wohltat.
Der Meister sprach: Womit sollte man dann eine Wohltat vergelten? Einen Racheakt
vergelte man mit Geradheit, eine Wohltat mit einer Wohltat. - (
kung
)
Vergeltung (4) In der schwarzen Gemeinschaft löste der Lynchmord nachgerade eine Flut von Vergeltungsmaßnahmen aus. Die Schwarzen liefen Amok und begannen allerorts Weiße zu erschießen.
Ein schwarzer Student an der Universität von Mississippi versteckte sich im Verwaltungsgebäude und erschoß drei Fakultätsmitglieder und vier weiße Studenten - zwei männliche und zwei weibliche -, bevor er schließlich von einem Staatspolizisten, dem es gelungen war, unbemerkt durch ein Hinterfenster zu schlüpfen, erschossen wurde.
Ein schwarzer Baptistenpfarrer gab sich in Washington D. C. alle Mühe, eine
Gruppe von Kongreßabgeordneten zu erschießen, doch da er nichts über die Gewohnheiten
von Kongreßabgeordneten wußte und ein ziemlich schlechter Schütze war, brachte
er es lediglich fertig, fünf Geheimagenten, von denen vier überlebten, zu treffen
und elf Touristen - darunter sieben Frauen - anzuschießen.
Er wurde schließlich
von einer Handgranate erledigt, die ein weißer Besucher aus Texas zur Verteidigung
gegen schwarze Diebe in der Jackentasche trug.
Ein schwarzer Nationalist schoß aus dem Fenster einer Wohnung unter einem chinesischen Restaurant Ecke Sutter und Fillmore Street in San Francisco und zielte in einen Demonstrationszug der Liga zum Wohle der Elche, der über die Sutter Street den Hügel hinuntermarschierte. Nicht lange, und tote Elche bedeckten die Straße. Die Massenexekution endete, als der chinesische Koch des Restaurants den Schwarzen, indem er ihm einen Topf kochendes Öl über den Kopf schüttete, verbrühte und blendete. Danach zerhackten die restlichen chinesischen Restaurantangestellten ihn in Stücke.
Ein schwarzer Vater von elf Kindern schoß im Bezirk Brownsville in Brooklyn in eine Gruppe weißer Grundschullehrer, die in der Mittagspause zum Plaudern zusammenstanden, tötete zwei und verwundete siebzehn, bevor er von den zwei Dutzend Polizisten, die an der Schule für Ordnung sorgen sollten und die, wie es sich traf, in einem leeren Klassenzimmer gerade Binokel spielten, als die Schießerei begann, erschossen wurde.
Ein schwarzer Handwerker schoß in Susanville in Kalifornien in eine Gruppe Ku-Klux-Klan-Männer, die auf dem Rasen vor der Pension, in der er wohnte, ein Kreuz verbrannten, tötete neun davon auf der Stelle, während einer schwer verletzt entkam. Dann richtete er das Gewehr auf sich selbst, drückte den Abzug mit den Zehen durch und schoß sich den Kopf ab.
Ein schwarzer Arzt, ein Allgemeinmediziner in den schwarzen Bezirken von Chicago, fuhr seinen Cadillac Fleetwood ins Geschäftsviertel der Stadt und parkte ihn gegenüber dem Gebäude der Kriminalpolizei, packte in aller Ruhe ein geladenes Maschinengewehr aus, kurbelte das Seitenfenster zur Hälfte herunter, hielt den Gewehrlauf auf der Scheibe im Gleichgewicht und erschoß bedächtig jeden weißen Beamten, der aus dem Gebäude trat, bis ein moderner, in England fabrizierter Panzer, den sich die Chicagoer Polizei zur Aufruhrbekämpfung angeschafft hatte, in das Viertel rollte, Feuer gab und den schwarzen Fleetwood, den schwarzen Fahrer und das gesamte Bürogebäude dahinter vollständig vernichtete, dabei neunundzwanzig weiße Büroangestellte tötete und siebenunddreißig weitere verwundete.
Ein schwarzer Verwaltungsbeamter beim Wohlfahrtsamt in Cleveland sperrte
sich in eine gerade ausgebaute Hochsicherheitszelle für überführte Mörder im
Cayahoga-Bezirksgefängnis und begann systematisch jeden - Insassen ausgenommen
- mit einem weißen Gesicht zu erschießen: Gefängniswärter, Bezirksbeamte, Staatsanwälte,
Bewährungshelfer, von den Angehörigen der städtischen Polizei zu schweigen.
Ein Panzer der Nationalgarde von Ohio wurde herbeigeschafft, doch er konnte
nicht in eine Position gebracht werden, von der aus er etwas ausrichten hätte
können, und nachdem er mit seiner 105-mm-Kanone Teile des Bezirksgerichts zerstört
hatte, wurde er abgerufen. Am Ende verfielen die Zuständigen aufs Bombenwerfen,
vom Wright-Patterson-Flugplatz kam ein B-52-Bomber, und das Cayahoga-Bezirksgefängnis
wurde von der Erde vertilgt.-
Chester Himes, Plan B. Berlin 1994 (Alexander Verlag, zuerst 1993)
Vergeltung (5) Teufel
sind von Gott erschaffene Wesen, und dies der Vergeltung wegen.
- Apokryphen, nach: Walter de la Mare, All Hallows. In: W. M., Aus der Tiefe.
Frankfurt am Main 1984 (st 982, zuerst 1923)
Vergeltung (6) Yuan kam auf die hohen Beamten der diesseitigen Welt zu sprechen und erkundigte sich: «Der und der ist jetzt Kanzler. Seine Habgier kennt keine Grenzen und seine ganze Amtsführung ist käuflich. Was wird eines Tages seine Vergeltung sein?»
«Dieser Mann gehört vor den Teufelskönig der Habgierigen. In der Unterwelt hat er zehn Öfen, in denen man seine Schlechtigkeit aus ihm herausschmelzen wird. Seine Glückszeit ist abgelaufen, und in der Hölle wird er ins Unglück gestürzt werden.»
«Der und der ist Vizekanzler«, fragte Yuan weiter, «er hört nicht auf mit Kriegführen und mordet friedliche Bürger. Was wird mit ihm später werden?»
«Für den ist der Teufelskönig der Mordgierigen da. Er hat dreihundert Unterweltsoldaten, alle mit ehernem Schädel und eisernen Stirnen, die ihm beim Quälen der Sünder helfen. Das Schicksal des Vizekanzlers neigt sich schon, und er wird hier die Strafe der Zerstückelung erleiden.»
Yuan aber fuhr fort zu fragen: «Da ist ein Gefängnisaufseher, der straft ohne Gnade; ein anderer ist Bezirkspräfekt, der Steuern und Frondienst nicht gerecht und gleichmäßig verteilt; ein anderer ist Regierungskommissar, aber er hört nicht auf das, was ihm vorgeschrieben wird; wieder ein anderer ist Sicherheitskommissar, aber er kümmert sich nicht um die Gebiete, die ihm unterstehen. Welche Vergeltung wird all denen später zuteil?»
«Diese alle werden mit Handschellen und Halsketten gefesselt werden;
mit faulendem Fleisch und zerfallenden Knochen werden sie ihre Hinrichtung erwarten,
und es wird ihr Leib in zahllose Stücke zerrissen
werden.» - Aus:
Die Goldene Truhe. Chinesische Novellen aus zwei Jahrtausenden. München 1961
Vergeltung (7) Unter dem Vorwand einer geschäftlichen Besprechung wurde derjungcTschen in das Wohngemach von Mondfrau gelockt. Kaum war er dort, da befahl sie ihm niedcrzuknieen.
»Gestehst du dein Unrecht ein;« fragte sie schroff. Und als er sich trotzig
weigerte und eine Unschuldsmiene aufsetzte, gab sie ein Zeichen, worauf sieben,
acht kräftige Mägde und Dienerfrauen, die Ivnter dem Vorhang
versteckt gewesen waren, hervorstürzten, ihn umringten und ihn wütend mit kurzen
und langen Knüppeln zu bearbeiten anfingen.
Schon lag der Überrumpelte am Boden, da kam ihm in seiner Bedrängnis ein rettender
Gedanke. Er sagte sich: Knüppel gegen Knüppel! streifte flugs seine Hosen herunter
und präsentierte den Weibern frech seinen eigenen Knüppel. Erschrocken ob solchen
greulichen Anblicks, stob die Rotte eilig auseinander und flüchtete hinter den
Vorhang ins Nebengemach zurück. Mondfrau aber hatte Mühe, ihre strenge Haltung
zu wahren und nicht in Lachen auszubrechen. Sie hatte gerade noch Zeit, ihm
ein entrüstetes Schamloser Schildkrötcrich! an den Kopf zu werfen, da hatte
er sich bereits in die Höhe gerappelt und war wortlos zur Tür hinausgewischt.
»Das war ein guter Einfall von mir!« dachte er bei sich. »Andernfalls wäre es
mir recht übel ergangen.« - Kin Ping Meh oder
Die abenteuerliche Geschichte von Hsi Men und seinen sechs Frauen. Frankfurt
am Main 1970 (zuerst ca. 1610, Wang Schi Tschong zugeschr.)
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