Eines von Frederik Ruyschs Tableaux zum Thema vanitas mundi, Amsterdam (Anfang 18. Jahrhundert)
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(wesch)
Vergänglichkeit (2) Wir wundern uns nicht mehr,
daß die menschliche Natur, die sterblich und vergänglich ist, die Menschen
zwingt, dahinzugehen; wir sehen ja, daß auch die Flüsse versiegen, und
hören, daß selbst die höchsten Gipfel der Berge kleiner werden. So sollen
die Seeleute den Ätna jetzt erst aus größerer Nähe wahrnehmen als früher.
Dasselbe soll mit dem Parnaß und dem Olymp in Piërien geschehen sein. Die
Leute, die als noch bessere Erforscher der Natur der Welt gelten, behaupten,
daß selbst das Weltall zugrunde gehe. - (
ael
)
Vergänglichkeit (3) Nach Genuß von etwas schwarzem Kaffee erscheinen auch die Eisenzementbauten in besserem Licht. Ich habe mit Erschrecken gesehen (auf einem Reklameprospekt einer amerikanischen Baufirma), daß diese Wolkenkratzer auch in dem Erdbeben von San Francisco stehenblieben. Aber im Grund halte ich sie doch nach einigem Nachdenken für vergänglicher als etwa Bauernhütten. Die standen tausend Jahre lang, denn sie waren auswechselbar, verbrauchten sich rasch und wuchsen also wieder auf ohne Aufhebens. Es ist gut, daß mir dieser Gedanke zu Hilfe kam, denn ich betrachte diese langen und ruhmvollen Häuser mit großem Vergnügen.
Ich glaube: Die Oberfläche hat eine große Zukunft.
In den kultivierten Ländern gibt es keine Moden. Es ist eine Ehre, den Vorbildern zu gleichen. Ich freue mich, daß in den Varietés die Tanzmädchen immer mehr gleichförmig aufgemacht werden. Es ist angenehm, daß es viele sind und daß man sie auswechseln kann.
Ich habe kein Bedürfnis danach, daß ein Gedanke von mir bleibt, ich
möchte aber, daß alles aufgegessen wird, umgesetzt, aufgebraucht. -
(
bre
)
Vergänglichkeit (4) Dabei habe ich eine gute Idee für einen politischen Suspense-Film. Es geht dabei um den Kalten Krieg. Ein Amerikaner, der perfekt russisch spricht, wird über dem heutigen Rußland mit einem Fallschirm abgesetzt. aber durch einen Zufall fällt der Mann, der ihn im Flugzeug beamerik.htmtreute, mit hinaus, und die beiden Männer kommen mit einem Fallschirm nach unten. Der eine hat einwandfreie Papiere, spricht perfekt russisch, man kann ihn für einen Russen halten. Aber bei ihm ist nun ein kleiner Amerikaner, der kein Wort russisch versteht und keine Papiere hat. Davon geht die Geschichte aus, in der jede Sekunde voll Suspense ist.
Ich könnte mir vorstellen, eine der ersten Möglichkeiten zur Lösung des Problems wäre, daß der Mann, dessen Papiere in Ordnung sind, den anderen als seinen von Geburt an stummen Bruder ausgibt.
Sicher, das würde für eine kleine Weile gutgehen. Der besondere Witz des Films wäre, daß die Dialoge in korrektem Russisch abgefaßt sein müßten. Dafür wäre natürlich der zweite Mann sehr nützlich, der würde dauernd auf Englisch fragen: »Was haben sie gesagt? Was haben sie gemacht?« Diese Figur würde die ganze Erzählung in Gang halten.
Sehr geschickt.
Aber leider werden wir nie die Erlaubnis bekommen, ihn zu drehen. -
François Truffaut, Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? München 1973
(zuerst 1966)
Vergänglichkeit (5) Man wird vielleicht die
berechtigte Frage aufwerfen, ob es einen Ort gibt, wo das Vergängliche
nicht vergeht, etwa das Feuer in der oberen Region, wo sein Gegensatz nicht
vorhanden ist. Denn was Vergehen überhaupt betrifft, so gehen Attribute
gegensätzlicher Substanzen akzidentell dadurch zugrunde, daß diese letzteren
zugrunde gehen (Gegensätze heben ja einander auf); und was akzidentelles
Vergehen betrifft, so kommt dies keiner einen Gegensatz bildenden Gegebenheit
zu, die zur Klasse der Substanzen gehört, da ja die Substanz nicht als
Attribut von einem Subjekt ausgesagt wird. Daher kann ein Ding, das keinen
Gegensatz hat, nicht vergehen, und es kann dort, wo es keinen Gegensatz
hat, nicht vergehen. Denn wovon sollte es zerstört werden, wenn Zerstörung
eines Dinges ausschließlich von dessen Gegensatz bewirkt wird, ein solcher
aber nicht vorhanden ist, entweder überhaupt nicht oder in der betreffenden
Region nicht? Oder stimmt dies nur in einer Beziehung, in einer anderen
jedoch nicht? Denn alles, was Materie an sich hat, muß in gewisser Weise
einen Gegensatz haben. Denn es ist zwar für jedes Ding möglich, warm bzw.
gerade zu sein, aber es ist unmöglich, daß jedes Ding warm bzw. gerade
bzw. weiß ist. In diesem Falle hätten also die Attribute eine selbständige
Existenz. Da nun, sobald das (in einer bestimmten Hinsicht) zu wirken Fähige
und das (in eben dieser Hinsicht) eine Einwirkung zu erleiden Fähige in
Kontakt kommen, immer das eine wirkt, das andere die entsprechende Einwirkung
erfährt, findet mit Notwendigkeit Veränderung statt. Weiters gilt dasselbe,
wenn das Ergebnis der Veränderung einen notwendigen Überschuß enthält und
dieser Überschuß ein Gegensatz ist; denn jede Veränderung geht von einem
Gegensatz aus, und der Überschuß ist ein Rest des früheren Zustandes. Wenn
aber etwas seinen aktuell bestehenden Gegensatz aus einer bestimmten Region
gänzlich eliminiert, dann muß man annehmen, daß es auch in der betreffenden
Region nicht vergehen kann. Oder ist es vielmehr so, daß seine Umgebung
seine Vernichtung bewirkt? Wenn das letztere der Fall ist, bedeutet dies
aufgrund der angeführten Argumente die Zerstörbarkeit der betreffenden
Substanz. Andernfalls braucht man zur Bestätigung unserer Ausführungen
nur davon auszugehen, daß in dem Produkt der Veränderung ein aktueller
Gegensatz vorhanden bleibt und als überschüssiger Rest wirksam ist. Daher
ist alles immer in Veränderung begriffen und wird oder vergeht. Die Umgebung
wirkt bei diesem Vorgang entweder förderlich oder hemmend. Und deshalb
nehmen Dinge, die aus ihrer ursprünglichen in eine andere Umgebung gelangen,
die Eigenschaft an, längere oder kürzere Zeit zu existieren, als es ihnen
natürlicherweise zukommt, nirgendwo aber nehmen Dinge, die gegensätzlicher
Attribute fähig sind, die Eigenschaft an, ewig
zu sein; es ist ja primär die Materie gegensätzlicher Attribute fähig:
Bezüglich des örtlichen Gegensatzes verändert ein materieller Körper seine
räumliche Position, bezüglich des quantitativen wächst er und nimmt ab,
bezüglich des qualitativen verändert er seine Qualität. - Aristoteles
Vergänglichkeit (6) Als Weg zur Entmachtung des Geldes dachte Silvio Gesell nicht an einen Rückgriff auf das kanonische Zinsverbot der mittelalterlichen Scholastik oder an die Beseitigung von sogenannten ›jüdischen Wucherern‹. Vielmehr stellte er sich eine institutionelle Änderung des Geldwesens in der Weise vor, daß die spekulative Hortung des Geldes mit Kosten verbunden wird, welche die Vorteile der Hortbarkeit und Liquidität neutralisieren: Sobald das Geld mit einer Gebühr auf Kassenhaltung belegt werde - vergleichbar dem Standgeld für Güterwaggons im Verkehrswesen -, verliere es seine Überlegenheit über die Märkte und erfülle dann nur noch seine dienende Funktion als Tauschmittel. Sobald seine Zirkulation nicht mehr von Spekulationsmanövern gestört werden könne, werde es möglich, die Menge des zirkulierenden Geldes fortlaufend so an das Gütervolumen anzupassen, daß die Kaulkraft der Währung über lange Zeiträume stabil sei wie die Maße und Gewichte.
In seinen Frühschriften sprach Gesell ausdrücklich von »rostenden
Banknoten« als Mittel zu einer »organischen Reform des Geldwesens«. Durch
sie werde das Geld, das bislang ein »toter Fremdkörper« im sozialen Organismus
gewesen sei, in das ewige Stirb und Werde allen Lebens integriert; es werde
gleichsam vergänglich und verliere seine Eigenschaft, sich durch den Zins
und Zinseszins bis ins Unendliche zu vermehren. - Nach: Diethart
Kerbs, Jürgen Reulecke (Hg.): Handbuch der deutschen Reformbewegungen 1880
bis 1933. Wuppertal 1998
Vergänglichkeit (7)
Es wird der bleiche tod
mit seiner kalten hand |
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hofm
)
Vergänglichkeit (8)
- Charles Allan Gilbert, nach
Wikipedia
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