erfluchen  „Im Namen des allmächtigen Gottes, Gottes des Vaters, Gottes des Sohnes und Gottes des Heiligen Geistes und der unbefleckten Jungfrau Maria, der Mutter und Schutzheiligen unseres Heilandes, und aller himmlischen Heere, Engel, Erzengel, Thronen, Herrschaften, Mächte, Cherubim und Seraphim und aller heiligen Erzväter, Propheten und aller Apostel und Evangelisten und aller heiligen Unschuldigen, welche im Angesichte des Lammes würdig befunden sind, zu singen das neue Lied, der heiligen Bekenner und Märtyrer, der heiligen Jungfrauen und aller Heiligen zusammen nebst den Heiligen und Auserwählten Gottes, sei er" (Obadiah) „verflucht" (dafür, daß er diese Knoten knüpfte). „Wir exkommunizieren, verbannen und schließen ihn aus von den Vorhöfen der Kirche Gottes, auf daß er werde gequält, gebunden und ausgeliefert mit Dathan und Abiram und mit jenen, welche zu dem Herrn sprechen: ,Sei ferne von uns, wir fragen nicht nach deinen Wegen.' Und wie das Feuer durch das Wasser gelöscht wird, so soll sein Licht auf immerdar verlöschen, wofern es ihn nicht gereut" (Obadiah, daß er die Knoten geknüpft hat) „und er dafür" (für die Knoten) „büßt. Amen.

Es verfluche ihn der Vater, der die Menschen erschuf. Es verfluche ihn der Sohn, der für uns litt. Es verfluche ihn" (Obadiah) „der Heilige Geist, der uns in der Taufe mitgeteilt wurde. Es verfluche ihn das heilige Kreuz, welches Christus zu unserer Erlösung, über seine Feinde triumphierend, bestieg.

Die heilige und ewige Jungfrau Maria, die Mutter Gottes, verfluche ihn. Der heilige Michael, der Fürsprecher der heiligen Seelen, verfluche ihn. Alle Engel und Erzengel, Herrschaften und Mächte nebst allen himmlischen Heerscharen mögen ihn verfluchen." [»Unsere Armeen in Flandern", schrie mein Onkel Toby, „fluchten entsetzlich, aber so schlimm war es nicht. Ich meinesteils könnte es nicht übers Herz bringen, meinen Hund derartig zu verfluchen."]

„Der heilige Johannes der Vorläufer und der heilige Johannes der Täufer und der heilige Peter und der heilige Paulus und der heilige Andreas und die Apostel allzumal mögen ihn verfluchen. Und alle übrigen seiner Jünger und die vier Evangelisten, die durch ihre Predigten die ganze Welt bekehrten, und die heilige und wundertätige Gemeinschaft der Märtyrer und Bekenner, welche durch ihre heiligen Werke Gnade vor Gottes Auge gefunden haben, mögen ihn" (Obadiah) „verfluchen.

Der heilige Chor der heiligen Jungfrauen, die zur Ehre Christi allen irdischen Dingen entsagten, möge ihn verdammen. Alle Heiligen, die von Anbeginn der Welt bis zu ewigen Zeiten in der Liebe Gottes erfunden werden, mögen ihn verdammen.

Alle Himmel und Erden und alles, was darinnen heilig ist, möge ihn" (Obadiah) „oder sie" (oder jeden, der Hand anlegte, diese Knoten zu knüpfen) „verdammen.

Er" (Obadiah) „sei verflucht, er befinde sich, wo er wolle: in seinem Haus oder in den Ställen, im Garten oder auf dem Feld, auf offenem Weg oder Steg, im Wald oder im Wasser oder in der Kirche. Er sei verflucht im Leben und im Sterben." [Hier haschte mein Onkel Toby eine halbe Note im zweiten Takt seines Marsches, und er hielt diesen Ton aus bis ans Ende des ganzen Satzes. Doktor Slop mit seinen Vierteln und Achteln des Fluches bewegte sich darunter beständig fort wie ein laufender Baß.] „Er sei verflucht, wenn er ißt und trinkt, wenn ihn hungert und dürstet, wenn er fastet, wenn er schläft, wenn er schlummert, wenn er geht, wenn er steht, wenn er sitzt, wenn er liegt, wenn er arbeitet, wenn er ruht, wenn er pißt, wenn er scheißt oder wenn er zur Ader gelassen wird.

Verflucht sei er" (Obadiah) „in allen Kräften seines Leibes.

Verflucht sei er inwendig und auswendig. Er fühle den Fluch in den Haaren seines Hauptes, in seinem Gehirn und seinem Scheitel" [„Das ist ein gräßlicher Fluch", sagte mein Vater], „in seinen Schläfen, in seiner Stirn, in seinen Ohren, in seinen Augenbrauen, in seinen Wangen, in seinen Kiefern, in seinen Nasenlöchern, in seinen Schneidezähnen und in seinen Mahlzähnen, in seinen Lippen, in seinem Schlund, in seinen Schultern, in seinen Handgelenken, in seinen Armen, in seinen Händen, in seinen Fingern.

Er fühle den Fluch in seinem Mund, in seiner Brust, in seinem Herzen und allen edlen Teilen bis ganz zum Magen hinunter.

Er fühle den Fluch in seinen Nieren und in seinem Latzbein" [„Das verhüte Gott im Himmel!" sagte mein Onkel Toby], „in seinen Lenden, in seinen Genitalien" [Mein Vater schüttelte den Kopf], „in seinen Hüften und in seinen Knien, seinen Beinen, seinen Füßen und Fußnägeln.

Er sei verflucht in allen Gelenken und Teilstücken seiner Glieder; von den Fußsohlen bis zum Scheitel sei nichts Gesundes an ihm zu finden.

Der Sohn des lebendigen Gottes in all seiner Macht und Herrlichkeit..." [Hier warf mein Onkel Toby seinen Kopf zurück und ließ ein furchtbares, langes, lautes Ju—u—u— hören, das wie eine Mischung aus dem Wort Heda und einem Pfiff klang.

— Beim goldenen Bart des Jupiter und der Juno (wenn Ihre Majestät einen trug) und bei den Bärten aller übrigen heidnischen Gottheiten, deren es, nebenbei gesagt, keine geringe Anzahl gab, weil zusammen mit den Bärten der himmlischen Götter, der Luft- und Wassergötter, ganz abgesehen von den Bärten der Stadt- und Landgötter oder der himmlischen Göttinnen, deren Gemahlinnen, oder der höllischen Göttinnen, deren Kebsen und Konkubinen (das heißt, falls sie welche trugen), alle diese Barte, wie mir Varro auf Ehre und Gewissen versichert, wenn sie alle aufgezählt würden, in der heidnischen Götterliste nicht weniger als dreißigtausend wirklich vorhandene Barte ergeben, wobei jeder Bart auf das Recht und Privileg Anspruch erhebt, daß man ihn streichle und bei ihm schwöre — bei allen diesen Barten zusammengenommen also schwöre und gelobe ich, daß ich von meinen beiden schlechten Röcken, die ich in dieser Welt besitze, den besseren darum gegeben haben würde, und zwar ebenso bereitwillig, wie nur jemals Cid Harnet den seinen herschenkte, wenn ich hätte dabeistehen und Onkel Tobys Begleitmusik hätte hören können.]

„... verfluche ihn", fuhr Doktor Slop fort, „und der Himmel mit allen Mächten, die ihn bewohnen, möge gegen ihn aufstehen und ihn" (Obadiah) „verfluchen und verdammen, wofern er nicht bereut und büßt. Amen. So sei es, so sei es. Amen."

„Ich beteure es", sagte mein Onkel Toby, „mein Herz würde mir nicht erlauben, den Teufel selbst mit soviel Bitterkeit zu verfluchen." — „Der ist der Vater der Flüche", versetzte Doktor Slop. — „Ich aber nicht", entgegnete mein Onkel. — „Er ist bereits in alle Ewigkeit verdammt und verflucht", versetzte Doktor Slop.

„Das tut mir leid", sagte mein Onkel Toby.  - (shan)

Verfluchen (2)  Fluch und Schande über Euren lichten Schein und über Eure starken Glieder! Hätte ich Versöhnung oder Frieden mitgebracht, die wären für Euch unerschwinglich. Ich erscheine Euch als Monstrum und Ungeheuer und bin doch geheurer als Ihr, Herr Parzivâl. Oder könnt Ihr mir vielleicht die Gründe sagen und erklären: Als der traurige Fischer da saß vom Glück verlassen und ohne Hilfe, warum habt Ihr ihn nicht erlöst aus seinem Seufzen? Vor Eure Augen hat er seines Jammers Last getragen, und Ihr wart wie ein Fremder dort und noch dazu ein undankbarer. Euch hätte seine Not erbarmen müssen. Ich wünschte Euch die Zunge aus dem Mund: leer soll er sein, wie Euer Herz leer ist von allem Gefühl. Vor dem Höchsten im Himmel ist Euer Name zur Hölle verflucht, und so auch hier auf Erden, sobald nur die Edlen zur Besinnung kommen. Allem Heil seid Ihr ein Fluch und allem Glück die Pest; allem, was Ehre hat, seid Ihr so recht ein Wurm, ein Nichts. Ein häßlicher Krüppel seid Ihr, kein Mann, und Euer Adel hat die Krätze; kein Arzt kann Euch mehr helfen. Auf Euer Haupt will ich schwören, wenn mir nur jemand die Eidesformel gibt, daß nie ein schönerer Mann mit mehr Verräterei umging. Ihr seid ein Angelhaken, versteckt in einer künstlichen Libelle, ein Natternzahn. Hat Euch doch der Herr des Hauses ein Schwert geschenkt: Seines Werts seid Ihr nie würdig geworden! Damals erwarb Euer Schweigen den Lohn der Sünden, den Hirten der Hölle seid Ihr zum Spielzeug gegeben. Verfluchter Leib, Herr Parzivâl!   - Wolfram von Eschenbach, Parzival. Frankfurt am Main 1993 (zuerst ca. 1200, Übs. Peter Knecht. Die Andere Bibliothek 100)

Verfluchen (3)    Da erzürnte sie sich und ward böse zum ersten Male in ihrem Leben, und schalt die Kinder sehr und rief: Der Blitz! ich wollte, daß ihr Mausemärten alle zu Mäusen würdet! Der Schwur war aber eine große Sünde, besonders weil es ein so heiliger und hoher Festtag war; sonst hätte Gott es der Bäuerin wohl vergeben, weil sie doch so fromm und gottesfürchtig war. Kaum hatte die Frau das schlimme Wort aus ihrem Munde gehen lassen, so waren alle die sieben niedlichen Kinderchen weg, als hätte sie ein Wind weggeblasen, und sieben bunte Mäuse liefen in der Stube herum mit rothen Köpfchen, wie die Röcke und Mützen der Kinder gewesen waren. Und Vater und Mutter erschracken so sehr, daß sie hätten zu Stein werden mögen. Da kam der Knecht herein und öffnete die Thüre, und die sieben bunten Mäuse liefen alle zugleich hinaus, und über die Flur auf den Hof hin; sie liefen aber sehr geschwind. Und als die Frau das sah, konnte sie sich nicht halten, denn es war ihr im Herzen, als wären die Mäuse ihre Kinder gewesen; und sie stürzte sich aus der Thüre heraus und mußte den Mäusen nachlaufen.

Die sieben bunten Mäuse aber liefen den Weg entlang aus dem Dorfe heraus, immer sporenstreichs; und so liefen sie über das Pudminer Feld und das Günzer Feld und das Schoritzer Feld und durch die Krewe und die Dumsewitzer Koppel. Und die Mutter lief ihnen außer Athem nach, und konnte weder schreien noch weinen, und wußte nicht mehr, was sie that. So liefen die Mäuse über das Dumsewitzer Feld hin, und in einen kleinen Busch hinein, wo einige hohe Eichen standen und in der Mitte ein spiegelheller Teich war. Und der Busch steht noch da mit seinen Eichen, und heißt der Mäusewinkel. Und als sie in den Busch kamen und an den Teich im Busche, da standen sie alle sieben still und kuckten sich um, und die Bauerfrau stand dicht bei ihnen. Es war aber, als wenn sie ihr Adje sagen wollten. Denn als sie die Frau so ein Weilchen angekuckt hatten, plump! und alle sieben sprangen zugleich ins Wasser, und schwammen nicht, sondern gingen gleich unter in der Tiefe. Es war aber der helle Mittag, als dies geschah. Und die Mutter blieb stehen, wo sie stand, und rührte keine Hand und keinen Fuß mehr, sie war auch kein Mensch mehr. Sie ward strax zu einem Stein, und der Stein liegt noch da, wo sie stand und die Mäuslein verschwinden sah; und das ist dieser große runde Stein, an welchem wir sitzen.   - Ernst Moritz Arndt, Märchen aus dem Norden. Frankfurt am Main 1990 (Die Andere Bibliothek 61, zuerst 1818)

Verfluchen (4)   Ich sah ihn immer eifriger an, weil er behauptete, daß es ihm wohltue und als er mir endlich einen kleinen Ring an den Finger steckte, fühlte ich mich so reich, wie ich noch niemals gewesen. In diese glückliche Stille trat meine Mutter scheltend und fluchend ein; ich kann nicht nachsagen, wie sie mich nannte, ich schämte mich auch nicht, denn ich wußte, daß ich schuldlos war und daß er Böses nicht glauben würde. Sie wollte mich fortreißen, aber er hielt mich fest und sagte ihr: daß wir verlobt wären, ich trüge schon seinen Ring. Wie verzog sich das Gesicht meiner Mutter; mir war's, als ob eine Flamme aus ihrem Halse brenne, und ihre Augen kehrte sie in sich, sie sahen ganz weiß aus; sie verfluchte mich und übergab mich mit feierlicher Rede dem Teufel. Und wie so ein heller Schein durch meine Augen am Morgen gelaufen, als ich Francœur gesehen, so war mir jetzt als ob eine schwarze Fledermaus ihre durchsichtigen Flügeldecken über meine Augen legte; die Welt war mir halb verschlossen, und ich gehörte mir nicht mehr ganz.  - Achim von Arnim, Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: A.v.A.,  Erzählungen. München 1979 (dtv 2056, zuerst 1818)

Verfluchen (5)  

GLOSTER Schließ deinen Spruch, verschrumpfte, böse Hexe!

MARGARETA Und ließ dich aus? Bleib, Hund, du mußt mich hören.
Bewahrt der Himmel eine schwere Plage,
Die übertrifft, was ich dir weiß zu wünschen,
O spar er sie, bis deine Sünden reif!
Dann schleudr er seinen Grimm herab auf dich,
Den Friedensstörer dieser armen Welt!
Dich nage rastlos des Gewissens Wurm!
Argwöhne stets die Freunde wie Verräter
Und Erzverräter acht als Busenfreunde!
Dein tödlich Auge schließe nie der Schlaf,
Es sei denn, weil ein peinigender Traum
Dich schreckt mit einer Hölle grauser Teufel!
Du schlimm gezeichnet Scheusal! Wühlend Schwein!
Du, der gestempelt ward bei der Geburt
Als Sklave der Natur, als Höllensohn!
Du Schandfleck für der Mutter schweren Schoß!
Du ekler Sprößling aus des Vaters Lenden!
Du Lump der Ehre! Du mein Abscheu

- Shakespeare, König Richard III.

Verfluchen (6)

Ehrlose, sagte er mir mit entsetzlicher Stimme.
ich komme, um dir dein abscheuliches Leben vorzuwerfen.
Undankbare, hast du so schnell die Erinnerung verloren
an die Wertschätzung, in der mein Feuer dich halten konnte?
Zu der Zahl der Toten gehörte ich noch nicht,
als du mir beiordnetest Marcelin und Bigdore,
Chrysante, Castellor, den Abenteurer, den Abbe;
der Rest ist nicht die Ehre wert, genannt zu werden.
Was hast du mich leiden lassen! aber meine größte Strafe
war es zu sehen, welche Liebhaber dir zu Diensten waren;
daß du, ohne Rücksicht und ohne dein Feuer zu verbergen,
immer mehr mit jedem Dahergelaufenen schöne Spiele triebst.
Geh, deine Erniedrigung gereicht meinem Gedächtnis zur Schande,
abgesehen von meiner Leidenschaft geht es um meine Ehre!
Um dich mit unendlichem Unglück zu überhäufen,
werden die Götter dir die Möse weiten und die Schwänze verkürzen;
die jüngsten Ficker werden tausend Schwächen haben;
stets zu Unzeit wirst du die Pobacken heben,
und deine Liebhaber, gezwungen durch ein hartes Gesetz,
werden mitten im Koitus auf dir einschlafen.

 - Grandval d.Ä., nach: Carolin Fischer, Gärten der Lust. Eine Geschichte erregender Lektüren. München 2000 (dtv 30768, zuerst 1997)

Verfluchen (7)  Im Namen des HErrn der Herren!  Der gottlose, hier gegenwärtige, Abiud sey der Fluch Ploni, der Fluch des Himmels und der Hölle, der Fluch der Seraphim und Ophannim, der Fluch der Großen und Kleinen in ganz Israel! Sein Stern sey mit Finsterniß bedeckt; er sey mit Wunden, mit schrecklichen Krankheiten überhäuft und werde so aussätzig als Gehasi! Sein Gold, sein Silber, seine Frau werde andern gegeben; seine Kinder werden an den Thüren seiner Feinde ausgesetzt, und diese müssen sich seines Unglücks freuen! Sein Haus werde eine Wohnung der Drachen! Der Zorn des HErrn tödte ihn; er erhenke sich, wie Ahitophel; seine Seele verlasse mit Schrecken umgeben seinen Körper; sein Leib diene den Schlangen und wilden Thieren zur Nahrung! Die Erde verschlinge ihn, wie Korah und seine Rotte, sein Name sey allen Nachkommen verflucht; alles, was von ihm übrig bleiben kann, sey auf ewig vertilget! - Henri Joseph du Laurens, Mathieu oder Die Ausschweifungen des menschlichen Geistes.  Nördlingen 1988 (Die Andere Bibliothek 47, zuerst 1765)

Verfluchen (8)

KÖNIGIN MARGARETA

Unheil und Kummer folg Euch auf dem Fuß!
Und Herzeleid und bitterste Bedrängnis
Sein die Gespielen, die sich Euch gesellen!
Sind Euer zwei, der Teufel sei der dritte!
Dreifache Rache laur auf Eure Wege!

SUFFOLK

Halt inne, holde Königin, mit Flüchen;
Laß deinen Suffolk traurig Abschied nehmen.

KÖNIGIN MARGARETA

Pfui, feiges Weib! Weichherziges Geschöpf!
Hast du nicht Mut, zu fluchen deinen Feinden?

SUFFOLK

Weh ihnen! Warum sollt ich sie verfluchen?
War Fluchen tödlich wie Alraunen-Ächzen,
So wollt ich bittre, scharfe Wort erfinden,
So rauh, verrucht und greulich anzuhören,
Durch die geknirschten Zahn herausgetobt,
Mit so viel Zeichen eingefleischten Hasses,
Als wie der hagre Neid in ekler Höhle.
Die Zunge sollt in heftger Rede straucheln,
Die Augen wie geschlagne Kiesel sprühn,
Mein Haar wie einem Rasenden sich sträuben,
Ja, alle Glieder mitzufluchen scheinen -
Und eben jetzt brach mein belastet Herz,
Wenn ich nicht fluchte. Gift sei ihr Getränk!
Gall, und was bittrer noch, ihr Leckerbissen!
Ihr bester Schatten ein Zypressenwald!
Ihr schönster Anblick grimme Basilisken!
Eidechsenstich ihr sanftestes Berühren!
Sei ihr Konzert wie Schlangenzischen gräßlich,
Und fall ein Chor von Unglückseulen ein!
Der mächtgen Hölle wüste Schrecken alle -

- Shakespeare, König Heinrich VI. (2. Teil)

Verfluchen (9)

Verfluchen (10)  Manasse ballte die Fäuste gegen den ohnmächtigen Kommissionsrat und rief, indem Zorn und Wut aus seinen feuerroten Augen sprühten: „Ha, Melchior Voßwinkel, du hast dich gegen mich verschworen, du bist im Bunde mit dem verruchten Schwarzkünstler, den du in dein Haus gelockt; aber verflucht, verflucht sollst du sein, du und dein ganzes Geschlecht hinweggenommen wie die hülflose Brut eines Vogels. Gras soll vor deiner Tür wachsen und alles, was du unternimmst, soll gleichen dem Tun des Hungernden, der sich im Traum ersättigen will an erdichteten Speisen und der Dales soll sich einlagern in dein Haus und wegzehren deine Habe, und du sollst betteln in zerrissenen Kleidern vor den Türen des verachteten Volks Gottes, das dich verstößt wie einen räudigen Hund. Und du sollst sein wie ein verachteter Zweig zur Erde geworfen und statt des Klanges der Harfen Motten deine Gesellschaft! - Verflucht, verflucht, verflucht du Kommissionsrat Melchior Voßwinkel!"  - E. T. A. Hoffmann, Die Brautwahl (aus: Die Serapionsbrüder)

Verfluchen (11)  

Die Bethlehemitischen Weiber
verfluchen den Herodes.

Du stetsverfluchtes Vngeheur /
Du Basilisk und Abentheur /
Kein Menschenkind hat dich erzeugt /
Ein Tigerthier hat dich geseugt.

Ein Pardel / der die Lämmer qwält /
Hat mit dem Tiger sich vermählt /
Von ihm hast du den wilden Mut /
Von ihr das nimmersatte Blut.

Dein Hertz ist hart wie Stein und Bein /
Durchädert mit dem Marmorstein /
Von Demant / den kein Hammer zwängt /
Von Felsen / den kein Essig sprengt.

Dir wohnet im Gerichte bey
Vermaledeite  Tyranney  /
Neid / Dräuwort / Schmertzen / Vntergang
Erstaunen / Zittern / Angst und Bang.

Daß dir der Mund doch nicht vereist /
Daß dich der Donner nicht erschmeist /
Ach / daß der Boden nicht zerspringt /
Dich lebendig in sich verschlingt!

Dein Trank sey gelbes Drachenblut /
Die Speise Kohlen von der Glut /
Der Geier müsse dir zernagn
Die Leber und den Wolfesmagn.

Dir wachsen Würmer aus der Lungn /
Vnd Kröten auf der Schmeichelzungn /
Dir kriechen Schlangen aus dem Mund /
Du Rabendieb / du falscher Hund.

Du bist nicht werth / du Kinderfeind /
Daß dich das Sonnenliecht bescheint /
Es ist kein gutes Haar an dir /
An dir / du loses Erdgeschwür.

fn Sak mit dir du Galgenhun /
Daß nichts nicht kan als Böses thun /
Du Dieb / du hast uns ja bestoln /
Ach / daß dich nicht die Teufel holn'!

kh wills gewißlich noch erleben /
Der Henker wird dirs Trinkgeld geben /
Es werden dich die Läuse fressen /
Du Mörder / Gott hat dein vergessen.

Du schlimmer Fuchs / du feiger Haaß /
Dein Leib stinkt wie ein faules Aaß /
Du Schelm / du Dieb / du Mausekopff /
Der Teufel nem dich bey dem Schopff.

Kein ärger Schelm ist in der Welt /
Du Kirchendieb / hastu kein Geld /
Bestil des Davids sein Gebein /
Es wird mehr Feuer drinnen seyn.

Du Priestermörder / Niemands freund /
Du Landverderber / Weiberfeind /
Jch wolte lieber seyn dein Schwein /
Als einer deiner Söhne seyn.

Du Dieb / du Schelm / des Teufelsbrut /
Du Nichtsnichtnütze / Thunichtgut /
Du hast uns unser Hauß bestoln /
Ach / daß dich nicht die Teufel holn!

- Johann Klaj, aus: Herodes der Kindermörder. Nach: Lyrik des Barock I. Hg. Marian Szyrocki. Reinbek bei Hamburg 1971

Verfluchen (12)  Finn Toller nahm seine Kappe ab und lehnte den Kopf gegen die Steinmauer. Er konnte die Sterne an der Öffnung des großen Maucrtrichters, in dem sie saßen, wegen einiger Querbalken, die der Architekt des Bürgermeisters in den dunklen Hohlraum eingezogen hatte, nicht sehen. Doch er spürte in diesem Augenblick etwas, was seiner Erfahrung religiöser Verzückung so nahe war wie noch nie, seit er als Kind mitgenommen worden war, um General Booth durch die Stadt kommen zu sehen. Mit Mad Bet auf dem Glastonbury Tor allein zu sein, war etwas Denkwürdiges. Einbrüche und Eisenstangen waren Kleinigkeiten im Vergleich dazu. Doch mit einer »heiligen Frau«, wie er seine Gefährtin im Geiste nannte, allein zu sein, war nicht dazu angetan, ohne Scherereien zu bleiben. Mit einiger Verwirrung sah er, wie sie sich jetzt über ihre einsame Kerzenflamme beugte.

»Was macht sie da, Mad Bet?« wollte er nervös wissen und gebrauchte den Beinamen »Mad« ganz so, wie Tossie das Wort Ladyschaft in der Anrede von Rachel benützt hätte.

Die Frau schmolz einen ihrer Kerzenstummel in der angezündeten Kerze. Nachdem sie sein Wachs in die erwünschte Weichheit gebracht hatte, ging sie rasch dazu über, es zu einem entfernt menschenähnlichen Gebilde zu kneten.

»Das da ist sie!« bemerkte sie jetzt und hielt dieses verformte Kerzenstück hoch.

Dann erhob sie sich rasch, brummte irgendeine teuflische Beschwörung, die für den sprachlosen Dorschflosse ziemlich unverständlich war, und ging dazu über, auf dem von ihr gemachten Abbild herumzutrampeln, wobei sie das Wachs in eine formlose Masse aus Stearin, Lehm und Sägespäne zermalmte. Beim Stampfen begann sie wieder vor sich hin zu sprechen; doch diesmal waren ihre Worte für den erstaunten Gestrandeten aus dem Armenviertcl Beckery vernehmlich.

»Dreck warst du, und Dreck sollst du wieder werden!« kreischte die Irre grimmig. »Mit dir bin ich fertig jetz, du Luder! Dreck bist jetz, das sag ich dir! Dreck bist; was du warst, bevor er dich aufgegabelt hat! Dreck! Dreck! Dreck!« und der stampfende Absatz vollendete seine ungestüme Arbeit so vollständig, daß von jenem zermatschten Wachsstück bald nichts mehr übrigblieb.

Dann nahm Mad Bet unter einigen langgezogenen keuchenden Atcmzügen wieder ihren Platz ein.

»Kannst du n Geheimnis für dich behalten, Mann?« schrie sie dem bestürzten Mr. Toller zu, dessen wässrige Augen nun furchtsam zur Tür des Turms starrten.

Dorschflosse vermeinte, ihr Hausgeist, den er als »Erzengel« angerufen gehört hatte, würde jeden Augenblick eine faßbare Gestalt annehmen. Dies war der einzige Augenblick in jener langen, ereignisreichen Nacht, in der Mr. Toller einen wirklich erschütternden Schrecken bekam, den ersten Anblick der Frau am Fenster ausgenommen.

»Ich werd schweigen wie n Grab, Mad Bet!« bemerkte er jetzt mit ergebener Stimme und paffte hitzig seine Pfeife, als beabsichtigte er, einen Schutzschirm aus zweckdienlichem Rauch zwischen sich und das Übernatürliche zu erzeugen.

»Das ist sie gewesen, die ich zu nichts zerstampft hab«, fuhr die Irre fort. »Im Erzengelturm hab ich sie zertrampelt. Schau nur! Wie die Kerze flackert und spuckt! Jetz isses erledigt. Die hab ich zertrampelt. Horch! Wie dieser Wind bläst! Mit meim eignen Absatz hab ich sie innen Dreck gestampft. Jetzt isse Dreck; und Dreck wird sie bleiben bis zum Jüngsten Tag!«

Mr. Tollers Augen wurden wässriger denn je wegen des beißenden Rauchs, den er aufsaugte und ausblies. Er hielt es für das beste, auf die Tirade seiner Gefährtin nichts zu erwidern. Er hatte ein beinahe so starkes Verlangen, von diesen Vorgängen loszukommen, wie es Red gerade erst gehabt hatte, von »Türannizieht« und Eisenstangen loszukommen.

»Wenn ich ihren Namen aussprech, Finn Toller, würden Sie ihn still und stumm tief in Ihrer Seele behalten?«

Mr. Tollers Unterlippe hing herab, und zwei dünne, von Tabaksaft vergilbte Spcichclfäden troffen auf sein schmutziges Hemd und seine noch schmutzigere Weste. Der Floh, den er von seiner Beckery-Bude mitgebracht hatte, kuschelte sich an sein Brustbein und tröstete sich sehr behaglich mit den bleichen, wie die eines toten Wiesels riechenden Haaren, die dem Mann auf der Brust wuchsen.

Doch er antwortete, wie Homer sagen würde, »aus unerschütterlichem Herzen«: »Was Sie mir sagen, Mad Bet, ist versteckter als die hängenden Steine in Wookey. Für Sixpcnce können die Leute diese Steine sehen, aber für keine zwanzig Pfund tat ich Sie verraten, Frau... nein, nicht mal für zwanzig mal zwanzig!«   - (cowp)

Fluchen  Fluch

 

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