erfeinerung
Wenige Pflanzen nehmen durch Zufälle, Schwäche und Krankheiten so
vielerley Farben, Zeichnungen und Gestalten an, als diese. Die natürliche
ungekünstelte Tulpe ist fast einfärbig, grosblätterig
und hat einen unverhältnißmäßig langen Stiel; erst dann, wann die Cultur
sie geschwächt hat, wird sie den Blumenliebhabern schöner; alsdann verliehen
die Blumenblätter die ursprünglichen starken Farben, werden blasser, bunter,
kleiner, ihr Laub bekömt ein matteres oder sanfteres Grün, und die Meisterstücke
der Cultur werden desto schwächlicher, je schöner sie werden, so daß sie
sich bey aller künstlichen Wartung kaum fortpflanzen, kaum selbst erhalten
können. So verschönert die Cultur das vierschrötige Bauermädgen zur schwächlichen
Prinzessinn! so verfeinert Paris den starken Teutschen.«
- Johann Beckmann, Beyträge zur Geschichte der Erfindungen. Leipzig
1783, nach (
mack
)
Verfeinerung (2)
Durchstreifen wir das Universum, wie viele Völker entdecken wir da nicht,
welche die Frauen verachten! Es gibt Völker, die sich ihrer einzig und allein
bedienen, um das Kind hervorzubringen, das nötig ist, um sie zu ersetzen. Durch
die Sitte der Männer, in Republiken zusammenzuleben, wird dieses Laster dort
immer häufiger auftreten, aber es ist sicherlich nicht gefährlich. Hätten die
Gesetzgeber Griechenlands es in ihrer Republik eingeführt, wenn sie es für gefährlich
gehalten hätten? Keinesfalls, sie hielten es für ein Kriegervolk für nötig.
Plutarch spricht mit Begeisterung vom Bataillon der Liebhaber und Geliebten;
sie allein verteidigten lange Zeit die Freiheit Griechenlands. Dieses Laster
herrschte in der Vereinigung der Waffenbrüder; es kittete sie zusammen. Die
bedeutendsten Männer waren ihm zugeneigt. Ganz Amerika
war bei seiner Entdeckung von Leuten dieser Geschmacksrichtung bevölkert. In
Lousiana, bei den Illinois, prostituierten sich als Frauen gekleidete Indianer
wie Kurtisanen. Die Neger von Benguela halten öffentlich Männer aus; fast alle
Harems Algiers sind heute nurmehr mit Knaben besetzt. In Theben ließ man es
nicht dabei bewenden, die Knabenliebe zu dulden, man machte sie zur Pflicht;
der Philosoph von Chäronea schrieb sie vor, um die Sitten der jungen Leute zu
verfeinern. - Marquis de Sade, Die Philosophie
im Boudoir. Ungekürzte Studienausgabe, zur Erziehung junger Damen bestimmt. Gifkendorf
1989 (zuerst ca. 1789)
Verfeinerung (3) Das
auserkorene Opfer muss vollkommen gesund sein; es ist höchst barbarisch,
eine kranke Person zu ermorden, die dem Angriff des Mörders nicht gewachsen
ist. Aus diesem Grund darf man zum Beispiel keinen über fünfundzwanzig Jahre
alten Schneider wählen. Von diesem Alter an leiden
nämlich die meisten bereits an schlechter Verdauung.
Will man sich aber trotzdem die Jagd in jenem Gehege nicht versagen, so muss
man nach guter alter Regel wenigstens eine Potenz von Neun, also Achtzehn oder
Siebenundzwanzig oder Sechsunddreißig auf ein Mal zur Strecke bringen. Gerade
in dieser liebevollen Rücksichtnahme auf das Wohlbefinden kranker Personen erkennt
man die veredelnde und verfeinernde Wirkung echter Kunst. - (
quinc
)
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