Vater, treusorgender  »Zum Schluß muß ich mit euch noch über Sex sprechen. Doch zunächst - was hat eure Mutter euch über Sex erzählt?«

»Sie hat uns schon alles erzählt, Daddy.« Sue Ellen betrachtete ihre Fingernägel. »Du brauchst mit uns nicht über Sex zu reden.«

»Sie hat euch über Tripper informiert, über Syphilis, Aids, Herpes, Schanker?«

»Über Aids nicht«, räumte Sue Ellen ein.

»Wegen Aids braucht ihr euch keine Sorgen zu machen. Das kriegt man vom Analverkehr. Wenn ihr Analverkehr vermeidet, kriegt ihr auch kein Aids; aber der springende Punkt ist: Ich möchte, daß ihr Sex überhaupt vermeidet. Man wird euch hier unten oft unter Druck setzen. Miami ist nicht Vero Beach, wißt ihr.«

»Druck gab es in Vero Beach auch«, sagte Sue Ellen.

»Ich weiß, ich weiß, aber die jungen Kerle, die hier herumlaufen, sind anders. Die erzählen euch alles mögliche. Erst werden sie euch bitten, ihren Fimmel anzufassen. Ehe ihr euch verseht, sollt ihr ihn ein bißchen reiben, und schwupp! haben sie euch dazu überredet, ihn abzulutschen. Zack! Schon habt ihr Herpes oder Rachentripper. Also keinen Sex. Punktum. Und keiner, der es mit euch treibt, wird euch fragen, ob ihr ihn heiraten wollt. Daran muß man auch denken. Aber ich lasse mit mir reden, Sue Ellen. Wenn einer dich heiraten will, bring ihn het, und ich spreche mit ihm. Du bist sechzehn; also kannst du mit meiner Erlaubnis heiraten, aber vorher muß ich den Jungen überprüfen.«

»Was meinst du mit überprüfen?«

»Seinen Vater. Ich kann bei Dun and Bradstreet seine Bonität feststellen lassen. Ich kann die Schulzeugnisse des Jungen einsehen und feststellen, welchen IQ er hat, Du willst ja keinen Kretin heiraten, oder?«

Sue Ellen kicherte.

»Dann seine Familie. Ich müßte seine Familie ansehen und feststellen, ob beispielsweise ein Zwerg oder so was dabei ist. Du willst ja schließlich kein Zwergenbaby haben, oder?«

»Nein!« Sue Ellen lachte.

»Das ist nicht komisch, Sue Ellen. Ein paar dieser Typen haben Vorstrafenregister, und das kann ich ebenfalls überpüfen. Oder der Kerl ist schon verheiratet und lügt dich an. Deshalb solltest du Sex vermeiden, bis du verheiratet bist, verstehst du, denn wenn er es einmal gekriegt hat, wird er dich nicht mehr heiraten. Bis dahin - ich weiß, ihr seid normale Mädchen und habt normale Bedürfnisse. Das ist natürlich. Aber wenn ihr diese Bedürfnisse befriedigen wollt, geht ihr ins Badezimmer, schließt die Tür ab und masturbiert. Vergeßt dabei eines nicht: Masturbation ist eine Privatangelegenheit. Tut es allein, nicht miteinander, und redet nie darüber.«

»Nicht mal mit Ellita?« fragte Sue Ellen.

»Vor allem nicht mit Ellita. Du lieber Gott! Sie ist Kubanerin und katholisch. Sie wäre schockiert, wenn sie hörte, was ich euch hier erzähle. Aber das schlimmste sind die Geschlechtskrankheiten. Ein richtiger Tripper macht euch zum alten Mann, ehe ihr dreißig seid.«

Die beiden Mädchen lachten.

Hoke grinste. »Das sagte mein alter First Sergeant an jedem Zahltag zu uns, als ich beim Militär war. Natürlich macht es aus euch Mädchen keine alten Männer, aber für eine Frau ist ein Tripper schlimmer als für einen Mann, weil sie davon steril werden kann. Habt ihr noch Fragen?«

Die Mädchen sahen sich an. Aileen grinste; Sue Ellen studierte die Glut ihrer Zigarette. »Darf ich mir die Haare unter den Armen wachsen lassen? Wie Ellita?«

»Noch nicht. Warte, bis du achtzehn bist. Okay? Wenn ihr noch Fragen habt, stellt sie mir, und wenn ich die Antwort nicht weiß, werde ich sie für euch herausfinden. Wenn ihr zu euerm Vater nicht so viel Vertrauen haben könnt, daß ihr ihm glaubt, wenn er euch die Wahrheit über Sex sagt, zu wem könnt ihr dann gehen? Okay, und jetzt lauft. Ich bleibe noch ein Weilchen hier oben.«  

Die Mädchen küßten ihn und fuhren mit dem Aufzug nach unten.   - Charles Willeford, Bis uns der Tod verbindet. Reinbek bei Hamburg 1996

Vater, treusorgender (2)

LUCIUS O Freund, dies ist der eingefleischte Teufel,
Der Titus seiner tapfern Hand beraubt,
Die Perle, die der Kaisrin Aug ergötzt;
Dies seiner schnöden Lust verdammte Frucht.
Glotzäugiger Sklav, wem wolltest du vertraun
Dies künftge Abbild deiner Mißgestalt?
Wie, sprichst du nicht? Was, taub? Nein, nicht ein Wortl
Ein Strick, Soldaten; hier am Baum geschwind
Hängt ihn mir auf mit seinem Bastardkind.

AARON Rührt nicht das Kind! Es ist aus Königsblut!

LUCIUS Dem Vater allzu gleich, darum nicht gut!
Erst hängt den Sohn; er mag ihn 2appeln sehn;
So sterb er hin in Vaterschmerz und Wehn!
Schafft eine Leiter!

AARON           Lucius, laß das Kind
Und send es an die Kaiserin von mir.
Ich melde Wunderdinge, wenn dus tust,
Die dir zu wissen höchsten Vorteil bringt.
Willst du es nicht, wohlan, mir gilt es gleich,
Ich schweige jetzt, doch Pest und Fluch auf euch!

LUCIUS So sprich denn, und gefällt mir, was du sagst,
So lebt dein Kind, ich laß es auferziehn.

AARON Wenn dirs gefällt? Nein, das beteur ich, Lucius,
Es wird dein Herz zerreißen, was du hörst.
Ich. muß von Totschlag reden, Mord und Raub,
Von nächtigen Tagen und verruchtem Greuel,
Verrat, fluchwürdigem Anschlag, Missetat,
Betrübt zu hören, kläglicher erlebt!
Und dies begräbt auf ewig dir mein Tod,
Wenn du nicht schwörst, du rettest mir mein Kind.

LUCIUS Sprich, was du weißt; ich sag dir, es soll leben.

AARON Das schwöre mir, und gleich beginn ich dann.

LUCIUS Schwören? Bei wem? Du glaubst ja keinen Gott;
Ist das, wie kannst du glauben einem Eid?

AARON Und wenn ichs nie getan? Ich tus auch nicht!
Doch weil ich weiß, du hältst auf Religion,
Glaubst an das Ding, das man Gewissen nennt,
Und an der Pfaffen Brauch und Observanz,
Die ich dich sorgsam hab erfüllen sehn,
Deshalb fordr ich den Eid von dir. Ich weiß,
Ein Dummkopf hält 'nen Schellenstab für Gott
Und ehrt den Eid, den er dem Gotte schwur;
Drum fordr ich ihn. Deshalb gelobe mir
Bei jenem Gott - gleichviel, was für ein Gott,
Zu dem du betest und den du verehrst -,
Mein Kind zu schonen und es zu erziehn;
Und weigerst du mir das, entdeck ich nichts.

LUCIUS Bei meinem Gotte schwör ich dir, ich wills.

AARON Erst wiss', ich zeugt es mit der Kaiserin.

LUCIUS O unersättliches, verbuhltes Weib!

AARON Pah, Lucius, das war nur ein Liebeswerk,
Mit dem verglichen, was du hören sollst;
Ihre zwei Söhn ermordeten Bassianus;
Sie schändeten Lavinien, schnitten ihr
Die Zung und ihre beiden Hände ab
Und schmückten sie heraus, wie dus gesehn.

LUCIUS Das nennst du schmücken, giftger Bösewicht?

AARON Gewaschen, zugestutzt und aufgeschmückt,
Ein schmucker Spaß zugleich für alle drei!

LUCIUS O wilde, viehische Buben, wie du selbst!

AARON Nun ja, ich war der Lehrer zu der Tat.
Die hitzge Ader stammt von ihrer Mutter,
So wahr 'ne Karte je den Satz gewann;
Die blutge Neigung lernten sie von mir,
So wahr ein Bullenbeißer packt von vorn.
Nun zeuge meine Tat von meinem Wert.
Ich lockte deine Brüder in die Gruft,
Wo des Bassian erschlagner Körper lag.
Ich schrieb den Brief, den drauf dein Vater fand,
Und barg das Gold, das jener Brief erwähnt,
Im Bund mit Tamora und ihren Söhnen.
Und was ist je geschehn, das dich verlet2t,  
Wo ich zum Unheil nicht die Hand geboten?
Ich spielte falsch um deines Vaters Hand,
Und als ich ihn betört, trat ich beiseit,
Erstickend fast vor unerhörtem Lachen.
Ich duckte mich an einer Mauer Spalt,
Als er die Hand gab für der Söhne Häupter;
Sah, wie er weint', und lachte dann so herzlich,
Daß mir die Augen tränten so wie ihm,
Und als ich Tamora den Spaß beschrieb,
Erstarb sie fast, so lieb war ihr die Mär,
Und gab mir zwanzig Küsse für die Zeitung.

GOTE Das alles sprichst du und errötest nicht?

AARON Ja, wie ein schwarzer Hund, so heißt das Sprichwort

LUCIUS Und reun dich diese Freveltaten nie?

AARON Ja, daß ich nicht noch tausend mehr verübt!
Noch fluch ich jedem Tag - und glaube doch,
Nicht viele stehn in dieses Fluchs Bereich,
Wo ich besondre Bosheit nicht beging,
Jemand erschlug, wo nicht, die Anstalt traf;
'ne Dirn entehrt, wo nicht, den Plan geschmiedet;
Unschuldige verklagt auf falschen Eid;
Todfeindschaft unter Freunden angeschürt;
Den Herden armer Leute brach den Hals;
In Scheun und Schober Kohlen warf bei Nacht
Und rief dem Eigner: Löscht den Brand mit Tränen!
Oft grub ich tote Körper aus dem Grab
Und stellte sie vor lieber Freuade Tür,
Recht wenn ihr Kummer fast vergessen war;
Und wie auf Baumesrind in ihre Haut
Ritzt ich mit meinem Dolch in römscher Schrift:
„Eur Kummer lebe fort, obgleich ich starb."
Ja, tausend Greuel hab ich ausgeübt,
So leichten Sinns, als einer Fliegen fängt;
Und nichts, in Wahrheit, geht mir so zu Herzen,
Als daß mir nicht zehntausend noch gelingen.

LUCIUS Den Teufel fort! Sein Tod muß sich verlängen,
Zu kurze Qual war ihm ein schnelles Hängen.

AARON Wenns Teufel gibt, möcht ich ein Teufel sein,
In ewgem Feur zu leben und zu brennen,
Hätt ich dich zur Gesellschaft all die Zeit,
Dich stets zu martern mit der bittern Zunge.

LUCIUS Hör auf mit Lästern, stopft ihm seinen Mund!

 - Shakespeare, Titus Andronicus

 

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