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Compacq
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Mal sprach Dizzard an einem Morgen vor den Osterfeiertagen, während er auf die
Behebung eines der üblichen Ausfälle im Hauptcomputersystem wartete. Von Kollegen
wurde Dizzard am Terminal in seinem Büro etwa um Mitternacht an diesem Tag gesehen;
Nachtarbeitsgewohnheiten finden sich bei Computerbenutzern häufig, und von Dizzard
war bekannt, daß er in seinem Büro schlief. Am folgenden Nachmittag sah ein
Mitarbeiter Dizzard an seinem Terminal sitzen. Er sprach ihn an, aber Dizzard
antwortete nicht, was nichts Ungewöhnliches war. Am Morgen nach den Feiertagen
fand ein anderer Kollege Dizzard, wie er mit offenen Augen vor seinem eingeschalteten
Terminal saß. Dizzard schien wach, reagierte aber nicht auf Fragen. Später an
diesem Tag fing der Kollege an, sich wegen Dizzards Teilnahmslosigkeit zu beunruhigen,
und versuchte, ihn aus seiner vermeintlichen Träumerei oder Betäubung zu wecken.
Als diese Versuche erfolglos blieben, wurde Dizzard auf eine Erste-Hilfe-Station
gebracht.
Dizzard wies die Symptome eines einwöchigen totalen Flüssigkeits- und Nahrungsentzugs auf (verschärft durch die extreme Fehlernährung, die auf das Konto einer Verköstigung durch Verkaufsautomaten ging); der Wasserentzug hatte ihn in einen kritischen Zustand versetzt. Daraus ließ sich schließen, daß Dizzard sich mehrere Tage lang nicht vom Fleck gerührt hatte und daß ein Koma oder Trancezustand an seiner Immobilität schuld war. Anfangs vermutete man, daß ein Gehirnschlag oder ein Tumor verantwortlich für Dizzards Paralyse sei. Elektroenzephalogramme zeigten indes nur ein tiefes Koma an. (Seiner Gesundheitsakte zufolge war Dizzard zehn Jahre zuvor kurz in einer Anstalt gewesen, was in bestimmten Bereichen keine Seltenheit ist.) Zwei Tage danach starb Dizzard, offensichtlich infolge des Nahrungsentzugs. Eine Autopsie wurde durch Einsprüche seiner nächsten Verwandten verhindert, die Mitglieder einer abgespaltenen Gruppierung des Neo-Jemimakinskults waren. Die histologische Untersuchung von Dizzards Gehirn hat bislang keinerlei Verletzungen zutage gefördert; diese Untersuchungen werden im Staatlichen Zentrum für Krankheitskontrolle fortgesetzt.
Der Direktor der Autotomie-Gruppe beauftragte eine graduierte Studentin von
Dizzard mit der Leitung des Projekts, bis über dessen Zukunft entschieden war.
Auf dem Fußboden von Dizzards Büro stapelten sich einen halben Meter hoch Papiere
und Bücher; die Studentin hatte einen Monat lang zu tun, um auch nur den allgemeinsten
Überblick über das Material zu gewinnen. Kurz danach berichtete sie auf einer
Mitarbeitersitzung, daß sie angefangen habe, an Dizzards letztem Projekt zu
arbeiten und daß sie wenig gefunden habe, was von besonderem Interesse sei.
Eine Woche später fand man sie am Schaltpult in Dizzards Büro in einem Zustand
offenkundiger Trance. - Christopher Cherniak, Das Rätsel des Universums,
nach: Einsicht
ins Ich. Fantasien und Reflexionen über Selbst und Seele. Hg. Douglas
R. Hofstadter und Daniel C. Dennett. München 1992
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