rvertrauen

 

 Du wirst folgendes finden: die Sinne verschaffen vor allem
Uns die Erkenntnis des Wahren, die Sinne sind unwiderleglich.
Denn viel größres Vertrauen muß immer erwecken, was selber
Unabhängig von andrem den Irrtum schlägt mit der Wahrheit.
Was kann also vertrauenerweckender sein als die Sinne?
Oder wie darf ein falsch aus der Sinnesempfindung gezogner
Schluß, der doch ganz aus den Sinnen geboren ist, gegen sie gelten?
Sind die Sinne nicht wahr, dann täuschen auch sämtliche Schlüsse.
Oder vermöchte das Auge den Fehler des Ohrs zu bekritteln,
Oder das Ohr des Gefühls? Soll dies der Geschmack überführen?
Dies die Nase bestreiten, das Auge dagegen sich wenden?
Nein, so ist es wohl nicht. Denn ein jeglicher Sinn hat sein eigen
Reich und sein eigen Vermögen, und deshalb muß jeder, was weich ist
Oder was kalt, was warm, mit besonderem Sinne empfinden
Und die verschiedenen Farben und Formen und alles, was sonst sich
Diesen vereinet, gesondert mit anderem Sinne bemerken.
Ebenso wirkt der Geschmack mit besonderer Kraft, und gesondert
Kommen Geruch und Gehör zur Empfindung. So ist es unmöglich,
Daß ein Sinn durch den andern zur Widerlegung gebracht wird.
Niemals können nun gar die Sinne sich selber bekritteln;
Denn ein jeder verdient allzeit das gleiche Vertrauen.
Folglich ist jedesmal wahr, was den Sinnen so jedesmal dünket.
Und wenn gleich der Verstand nicht vermöchte die Frage zu lösen,
Weshalb, was in der Nähe ein Viereck war, aus der
Ferne rund uns erschien, empfiehlt es sich doch, wenn uns mangelt die Einsicht,
Lieber falsch zu erklären die doppelte Form der Gestaltung
Als Handgreifliches je aus der Hand sich entwischen zu lassen
Und an dem Grundvertrauen zu rütteln und niederzureißen
Unseres Lebens und Heils grundlegende Fundamente.
Nicht nur jedes System zerfiele sofort, auch das Leben
Bräche dann selber zusammen, wofern du den Sinnen nicht trautest,
Oder des Wahns Abgründe nicht miedest und sonst'ge Versuchung,
Und nicht zu folgen wagtest entgegengesetzten Maximen.
Alles mithin, was gehäuft wird, gegen die Sinne zu sprechen,
Darf dir nichts weiter bedeuten als inhaltloses Gerede.

  - (luk)

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