rinos  Um die von Friedrich Wilhelm von Gleichen-Rußworm erstmals beschriebenen Erscheinungen primitiver Lebensformen nachzuprüfen, hat Goethe, so entnehmen wir seinen Aufzeichnungen mit dem Titel InfusionsThiere, über einen längeren Zeitraum zwischen 1785 und 1788 diverse Aufgüsse zubereitet, um sie gären, faulen oder schimmeln zu lassen und dabei die in der schleimigen Masse sich bildenden »Infusions-Thierchen« unter dem Mikroskop beobachten zu können.

Den Versuchen eine gewisse Systematik gebend, versetzte er Wasser nach und nach mit verschiedenen Materien, bevor er den so entstandenen Aufguss in die Sonne stellte:

Bananenmark, Kaktus, Trüffel, Steinpilze, Roggen, Leinsamen, Pfeffer, Bier, Linsen, Kartoffeln, Fichtenreiser, Tee, Froschlaich.

Unter dem Vergrößerungsglas sah er, was wir heute auch sehen würden. Schimmelsporen, Algen und diverse Ein- und Mehrzeller wie Hefen, Bakterien, Wimper-, Geißel- und Rädertiere, Wurzelfüßer und Krebschen. Er nannte sie allerdings »unförmliche gallertartige Wesen«, »beinah runde durchsichtige Kügelchen«, »ovale Thierge denen ich vor Geschwindigkeit keine Gestalt abgewinnen konnte», » Glockenthiere», »lange und verflochtne Faden», Punct-Thiere», » Wurmgestalten«, »Pandeloquenthierchen», » Markbläschen«, » Kartoffel-Thierchen«, »kleine längliche Geschöpfe«, »Nierenthierchen« oder »PerlenGestalten» .

Mitnichten lässt sich Goethe dabei von Ekel oder Verachtung hinreißen, ganz im Gegenteil wachsen ihm seine Infusionstierchen ans Herz wie anderen ihre Aquarienfische. Eines »abends gegen achte« notiert er: »Sie schienen mir nicht so lebhaft wie das vorige Mal [...] Das sonderbarste daran war mir daß sie ein geselliges Wesen untereinander zu zeigen schienen. Auf Plätzen, wo sie nicht mit der Gallerte bedeckt waren, sondern frei herum schwammen, scheinen sie sich gern beisammen zu halten. Sie waren ihrer wohl ein Dutzend, die sich zusammen hielten, und wenn sie an einander stießen, nicht wie andre Infusionsthiere sich mit Heftigkeit auswichen; sie rutschten vielmehr sachte an einander hin, um einander herum, kehrten wieder, und schienen sich mit ihren vordem spitzen Enden zu beschnuppern.« Andere »schöne Punctthierchen« halten »sich in Trupp auf« und scheinen »mit einander zu spielen», es gibt welche, die sich »in dicken wimmelnden Haufen versammlen«, und welche, die »sich überschlagen«. Teilnahmsvoll wird festgehalten, wenn die »Lebenspuncte« sich nur mühsam fortbewegen können, wenn die »Creaturen« sich aus ihrer Umgebung loszumachen suchen, sich plötzlich auf die Seite legen, unruhig werden oder gar durch Zugabe von »einem Tropfen Urin . . . alle in einem Augenblicke« getötet werden.« - (goe)
 

Kleinvieh Experiment

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Wasserleiche

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