Unterversorgung    In einer Ecke der Lehmhütte weinte die Frau, in einer Hand ein Messer, in der anderen die Pelzmiütze. Sicher war ihr selber peinlich, daß sie weinte, und darum schrie sie mit unerträglich schriller Stimme: »Ihr Ungeheuer, ihr Henker! Am Tag der Kommissar, und jetzt will die ganze Meute . . . Erschießt mich, aber quält mich nicht! Jetzt, auf der Stelle! Ihr Scheusale!«

Omjochin hatte die Revolvertasche aufgeknöpft und schaute einen krummen Tataren an, einen der Wachtposten. »Na? . . .«

Der Tatar legte die Hände an die Hosennaht. Sein Gesicht bedeckte sich jäh mit Schweiß, die Augenlider waren geschwollen. Er sah zu den anderen hinüber.

»Kein Frau. Schon vier Monate von Ufa weg, kein Frau. Morgen sowieso schießen, Kommissar angefaßt, wollen auch klein wenig haben. Hat mir . . .«

Kläglich zeigte der Tatar auf sein schütteres Schnurrbärtchen, Blut rann daran herab.

». . . mit Messer — schwupp hierher, mich schneiden wollen. Warum wir keine Frauen?!«

Der Kaftanträger kreischte förmlich: »Diese Schnauze, Mann, guck bloß, diese Schnauze! Eine Frau will er haben! Ertragen mußt du's, ertragen, so wie die Revolution dich erträgt.« - Wsewolod Iwanow, Die Wüste Tuub-Koja. In: W. I., Die Rückkehr des Buddha. Nördlingen 1989 (Die Andere Bibliothek 49 , zuerst ca. 1922)

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