nternehmer
Mit Hilfe des New Yorker Unternehmers Robert Livingstone, der um dieselbe
Zeit in London eintraf, sah Kidd sich nach Kapitalgebern
um, die eine Kaperfahrt finanzieren würden. Nach längerem Bitten und Hofieren
sagte schließlich Lord Bellomont, Parlamentarier und überzeugter Anhänger der
regierenden Whigs, seine Unterstützung zu. Bellomont brauchte Geld. Er sollte
in den folgenden Ereignissen eine Schlüsselrolle spielen, weil er kurz zuvor
zum Gouverneur von Massachusetts Bay ernannt worden war. Zu dritt tüftelten
die Männer einen ungewöhnlichen Plan aus, wie sie zu Geld kommen könnten: Sie
wollten ein Syndikat bilden, ein großes Schiff kaufen, damit in den Indischen
Ozean fahren, die dort plündernden Piraten kapern und deren Diebesgut an Kaufleute
in New York verkaufen. Bellomont sollte finanzkräftige Teilhaber auftreiben,
Kidd das Schiff führen und eine Besatzung anheuern; für sie galt die bei Freibeutern
übliche Bedingung »Bezahlung nur bei Erfolg«. -
David Cordingly, Unter Schwarzer Flagge. München 2001 (dtv 30817, zuerst
1995)
Unternehmer (2) Wenn
ihr etwas lustigere Irre vorzieht, so genießt Le Grossium von Stanley
Crawford einen wohlverdienten Ruf. Das ist vornehmlich eine burleske
Parodie des Hammettschen Polars,
weil sich alles um die «Kontrolle» (d. h. Beherrschung) einer Stadt dreht, die
mehr oder weniger in der Hand eines Hamburger-Königs ist, und weil sich gegen
Ende rivalisierende Fraktionen der Polizei und der Verwaltung mit Maschinengewehren
und Handgranaten um die Town Hall, das Rathaus, streiten. Das ist übrigens recht
modernistisch, aber auch hier im Tonfall des henaurmen Witzes, da der
Held niemals aus seinem Auto aussteigt und seine Zeit damit verbringt, auf Schnellstraßen,
Zubringern, Autobahnkreuzen, in Unterführungen und notfalls auch auf Straßen
herumzufahren, wobei er ständig per Funktelefon mit den anderen in Kontakt steht
(vor allem mit seinem Sekretär, den er noch nie gesehen hat). Unter seiner witzigen
Oberfläche ist Le Grossium auch ein Bild von der Welt des «freien Unternehmertums»,
und wenn sein Held, vorübergehend besiegt, nachdem wir erstaunt sein wirkliches
Alter erfahren haben, beschließt, wieder bei Null anzufangen und sich wieder
ein Imperium aufzubauen, indem er mit einem beschissenen kleinen Zoo von halb
krepierten Reptilien neben einem Highway anfängt, schaudert es uns ein wenig,
denn er könnte durchaus Erfolg haben. - Jean-Patrick Manchette, Chroniques. Essays
zum Roman noir. Heilbronn 2005 (DistelLiteraturVerlag, zuerst 1996)
Unternehmer (3) Die
Logik des kriminellen Unternehmertums, das Denken der Bosse ist identisch mit
radikalstem Neoliberalismus. Er diktiert, ja erzwingt die Regeln des Geschäfts,
des Profits, des Sieges über alle Konkurrenten. Alles übrige zählt nicht. Existiert
nicht. Für die Macht, über Leben und Tod aller zu entscheiden, ein Produkt zu
lancieren, ein Marktsegment zu monopolisieren oder in Sektoren der Zukunft zu
investieren, riskiert man Haft oder das eigene Leben. Für zehn Jahre dieser
Macht, für ein Jahr, für eine Stunde. Die Dauer spielt keine Rolle: leben, um
wirklich zu herrschen, ist das einzige, was zählt. -
Roberto Saviano,
Gomorrha. Reise in das Reich der Camorra. München 2006
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