Und wahrhaftig, dort war es! Eine menschliche Gestalt, im Halbdunkel nur undeutlich zu erkennen, eine Gestalt, hin und her schwankend, sich an den Fässern festhaltend, wie um nicht hinzufallen, war jetzt hervorgestolpert und stand einen Augenblick lang sichtbar im Licht unserer restlichen Kerzen, dann taumelte sie heftig und schlug längelang zu Boden. In diesem Moment hatten wir alle die Gestalt erkannt, das Gesicht, die Haltung unseres Vaters - tot seit zehn Monaten und beerdigt von unseren eigenen Händen! Unser Vater, unbezweifelbar auferstanden und haarsträubend betrunken!

Bei den Einzelheiten unserer überstürzten Flucht von diesem grauenhaften Ort - der Vernichtung allen menschlichen Gefühls bei dem panischen, wahnsinnigen Emporhasten die feuchten, modrigen Stufen hinauf, ausgleitend, fallend, einer den andern zurückreißend und einer über den Rücken des anderen trampelnd, die Lichter verlöscht, die Kleinen von den Schuhen ihrer kräftigen Brüder niedergetreten und von Mutterarmen zurück- und zu Tode geschleudert-, bei alledem wage ich nicht zu verweilen. Meine Mutter, mein ältester Bruder, meine älteste Schwester und ich - wir entkamen. Die übrigen blieben unten, um an ihren Wunden oder an ihrem Entsetzen zugrunde zu gehen, ein paar vielleicht auch in den Flammen. Denn innerhalb einer Stunde hatten wir vier, nachdem wir eilends das, was wir an Geld und Juwelen besaßen und was wir an Kleidern schleppen konnten, zusammengesucht hatten, die Stätte in Brand gesetzt und waren bei dieser Beleuchtung in die Berge entflohen. Wir ließen uns nicht einmal Zeit, die Versicherung einzukassieren, und meine liebe Mutter sagte noch Jahre später auf ihrem Sterbebett in einem fernen Land, daß dies die einzige Unterlassungssünde sei, die auf ihrem Gewissen laste.   - Ambrose Bierce, Der Witwer Turmore. In: A.B., Mein Lieblingsmord. Frankfurt am Main 1974 (it 39)