ntätigkeit Bloße
Untätigkeit ist ein höchst unangenehmer Zustand, dem man sowohl körperlich wie
auch geistig in einem fort zu entrinnen sucht. Es heißt, Müßiggang sei aller
Laster Anfang, und das trifft auch zu; das Laster gehört eben zum Bestreben,
der trostlosen Leere des Müßiggangs zu entrinnen. Zwar gibt es vielerlei Tätigkeiten,
die man ungern verrichtet; aber das heißt noch lange nicht, daß man sich nach
Untätigkeit sehnt; man sehnt sich nach einer Tätigkeit, die einem mehr zusagt;
kein Mensch hat sich je freiwillig dem Nichtstun ergeben. Ein Junge schwänzt
die Schule, weil er nicht gerne Schularbeiten macht, er tut statt dessen lieber
etwas anderes, und wenn es nur ein Streifzug durch die Umgebung ist, was er
macht.Viele verschlafen lieber die Zeit, als nichts zu tun; die Spanier pflegen
es so zu halten, und John Bull, behaupten die Franzosen,
hängt sich mit Vorliebe im November auf, was sie
scharfsinnigerweise zurückführen auf »une grande envie de se désennuyer«,
er will irgend etwas unternehmen, heißt das, und da ihm nichts Besseres einfällt,
greift er zum Strick. - Aus: George Borrow,
Lavengro der Zigeuner-Gentleman (Zürich 1987, zuerst 1851)
Untätigkeit (2)