nabhängigkeitstag  Aus  der Wachstube des Reviers drang Lärm herüber - wütend erhobene Stimmen, Schreie, Flüche, kreischende Frauen, wilde Proteste. Ein Transportwagen hatte nach einer Razzia in einem Bordell, in dem Rauschgift gehandelt wurde, seine Fracht ausgeleert.

Der Lautsprecher der Sprechanlage meldete sich plötzlich: «Lieutenant, Sie werden hier draußen gebraucht; sie haben den Zirkus von Big Liz ausgeräumt.»

Der Lieutenant schaltete sich ein. «In ein paar Minuten. Und bringt die Bande um Gottes willen zur Ruhe.»

Dann sah er von einem der Detektive zum anderen. «Verdammt noch mal, was ist heute eigentlich los? Es ist erst zehn Uhr abends, und nach den Anzeigen geht's schon seit heute früh so zu.» Er blätterte durch die Akten und las vor: «Mann erschlägt Frau mit Axt, weil sie Frühstückskotelett anbrennen ließ... Mann erschießt einen anderen, als er Schießerei demonstriert, deren Zeuge er kürzlich war... Mann ersticht Jemand, der ihm Bier über seinen neuen Anzug gegossen hat... Frau sticht Mann vierzehnmal in den Leib, kein Grund angegeben... Frau verbrüht Nachbarin mit kochendem Wasser, weil sie mit ihrem Mann gesprochen hat... Mann festgenommen, weil er drohte, Untergrundbahnzug in die Luft zu sprengen, als er auf falscher Station ausstieg und Fahrgeld nicht zurückbekam ...»

«Alles die lieben Mitbürger von der falschen Hautfarbe», warf Cofffin Ed ein.

Anderson ignorierte es. «Mann geht mit Rasiermesser auf Fremden los, der seinen neuen Anzug trägt», las er weiter. «Als Irokese verkleideter Mann spaltet weißem Mixer mit selbstgebasteltem Tomahawk den Schädel... Fünfundzwanzig Männer festgenommen, weil sie versuchten, alle Weißen aus Harlem zu vertreiben...»

«Heute ist Unabhängigkeitstag», erinnerte Grave Digger.    - Chester Himes, Schwarzes Geld für weiße Gauner. Reinbek bei Hamburg 1967