Ueberzustand   Das Zeichen, das niemals fehlt, das alle andern bedingt oder hervorruft oder verwirklicht, in der hysterischen Krise und in der mystischen Ekstase, ist der Verlust der Sensibilität, der auch bei den instinktiv Perversen allgemein vorkommt, ein Zeichen schließlich, an welchem man im Mittelalter die Hexen erkannte. Einzig die Intensität ist verschieden: groß hier, aber bei jenen total. Sie reißt alles übrige mit sich.

Wenn die Sensibilität weggenommen ist, tritt der Mensch in die Unendlichkeit ein, wird sensibel für die Unendlichkeit und verliert die geistige Ordnung. Er tritt in den Überzustand ein.

Sensibilität (ihre Auskünfte) also unentbehrlich. Eine geistesgestörte Logik ist eine Logik, die von der Sensibilität nicht gewarnt wird, aufzuhören und einer andern Platz zu machen.  - Henri Michaux, Turbulenz im Unendlichen. Die Wirkungen des Meskalins. Frankfurt am Main 1971

Überzustand (2) Der Überzustand ist im Verhältnis zum Normalzustand ein lasterhafter Zustand. Sogar ein Heiliger (obwohl er keine andere Droge genommen hat als die der Askese und der Erschöpfung) weiß, daß es darin etwas Monströses gibt, etwas wie eine Perversion der Natur. Der Dämon ist dieses Wissen, dieser Eindruck, ins Bild umgesetzt, Person geworden . . . zufolge der unwillkürlichen Tätigkeit der vollziehenden Einbildungskraft, die alles in einem Bild ausdrückt. Durch Figuration, automatisch vielleicht, jedenfalls aber unwiderstehlich, geschieht es, daß der Mensch im Überzustand »ein dämonisches Gesicht projiziert«, das sich über Zerstörungen freut.

Absurd, wird man sagen, ein komplizierter, abnormer Prozeß. Nicht absurd im Überzustand, wo die Idee oder der Eindruck allmächtig geworden sind, allbeschwörend, schöpferisch, und dem verheerenden Phänomen ein lebendiges Gesicht geben. (Es ist immerhin möglich, daß man eine Realität wahrnimmt. Aber welche?)   - Henri Michaux, Turbulenz im Unendlichen. Die Wirkungen des Meskalins. Frankfurt am Main 1971

 

Zustände, menschliche

 

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