eberwirklichkeit Die kritische Paranoia, sagte Dalí, sei eine systematisierte Geistestätigkeit, die es darauf abgesehen habe, Wünsche, Sehnsüchte und Begierden des Menschen, alle Wünsche, Sehnsüchte und Begierden aller Menschen, in skandalöser Weise in die Welt einzuschleusen, hineinzuschmuggeln, der Welt aufzudrängen. Damit war dem Begriff ‹surreale Gegenstände› die Bahn gebrochen.
Was ist nun aber ein surrealer, d. h. überwirklicher Gegenstand? Grob gesagt
ist jeder aus seinem Verweisungs- und Sinn-Zusammenhang gerissene, verfremdete,
aus seinem üblichen Rahmen herausgelöste, zweckentfremdete Gegenstand, der zu
anderem verwendet wird, als wozu er ursprünglich bestimmt war, oder dessen eigentlichen
Verwendungszweck man, während man ihn vorfindet, nicht kennt, surreal oder überwirklich.
Surreal ist also auch jeder Gegenstand, der ohne Grund, Sinn, Zweck, hergestellt
worden zu sein scheint, dessen einziger Sinn und Zweck ist, denjenigen, der
ihn geschaffen hat, mit Befriedigung zu erfüllen. Surreal ist jeder Gegenstand,
der gemäß und aus den Strebungen und Wünschen des Unbewußten, des Traums heraus
verfertigt wurde. - Maurice Nadeau, Geschichte des
Surrealismus, Reinbek bei Hamburg 1986 (zuerst 1945, re 437)
Überwirklichkeit (2) Ich
glaube, daß eines Tages diese beiden geistigen oder seelischen Einstellungen,
die sich scheinbar so sehr widerstreiten, nämlich das Träumen und das Wirklichkeitsbewußtsein,
in so etwas wie eine absolute Wirklichkeit, oder, wenn man so sagen darf, eine
Überwirklichkeit (surréalité) hinein aufgehoben werden und verschmelzen.
Sie zu erringen, erstebe ich, wiewohl ich sicher weiß, daß ich sie nie
erreichen werde. Doch mein Tod kümmert mich viel zu wenig, als daß ich mir nicht
ausmalte, wie glücklich es mich machen würde, wenn ich dorthin gelangte. - André
Breton, Erstes surrealistisches Manifest, nach: Maurice Nadeau, Geschichte des
Surrealismus, Reinbek bei Hamburg 1986 (zuerst 1945, re 437)
|
||
|
||