eberschneidung
Die Tatsache, daß alle Regungen des logischen Oberbaues tadellos in Ordnung
sind, schließt nicht aus, daß die gesamte seelische Unterwelt ohne jede Zusammenhangsmöglichkeit
mit Vernunft oder Einsicht ihr eigenes vollkommen krankes Leben führt. Erkrankungen
sind nicht immer von positiver Natur. Sie können oft nur als „Ausfallserscheinungen"
oder als „Vereinzelungen" (Dissoziation) erspürt werden. Auch die Tatsache,
daß ein Mensch Irrsinn oder Schwachsinn simuliert, oder
sich in Krankheiten hineinflüchtet, schließt nicht aus, daß er nicht zugleich
doch wirklich irrsinnig oder schwachsinnig ist, und zwar kann ebensowohl, (wie
bei Hamlet), ein gespielter Irrsinn einen wirklichen überdecken, wie auch just
das Spielen der Krankheit gerade die wirkliche Krankheit sein kann. Ja, die
Verfilzung und Überschneidung wirklicher und bloß gespielter Erlebnisreihen
pflegt selbst im einfältigsten Triebwesen weit verwickelter zu liegen, als wir
das ahnen. - Theodor Lessing, Haarmann. Die Geschichte eines Werwolfs. Berlin 1925
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