eberlisten   Damit du dich nicht täuschst, so wisse, daß die große Menge nicht dieselben Träume hat wie jene, die sie zu deuten vermögen. Was nämlich die große Menge wünscht oder fürchtet, dergleichen schaut sie auch im Schlaf, während Leute mit Sachverstand und Schulung auf diesem Gebiet ihre Wünsche durch Symbole kundtun. Wenn aber ein Laie etwas schaut, hat man seine Erlebnisse nicht als Träume, sondern als Traumerscheinungen aufzufassen.

Wenn sich z.B. einer, der von Traumdeutung etwas versteht, entweder weil er Traumbücher studiert hat oder weil er mit Traumdeutern verkehrt oder weil er ein sicheres Gespür für Auslegungen hat, in eine Frau verliebt hat, so wird er nicht die Geliebte schauen, sondern ein Pferd, einen Spiegel, ein Schiff, das Meer, das Weibchen von einem Tier, ein Frauenkleid oder sonst etwas, was eine Frau bedeutet. Ist er im Begriff, eine Reise anzutreten, wird er nicht etwa von Fahrzeugen träumen oder von Schiffen, von Bettsäcken, fertigem Reisegepäck oder von einer Reisevorbereitung, sondern er wird zu fliegen glauben, er wird ein Erdbeben, einen Krieg, einen Blitz oder sonst ein Symbol einer Reise schauen. Und wenn er vor jemand Angst hat oder einem Menschen zu entkommen sucht, wird er nicht den Betreffenden selbst zu Gesicht bekommen, sondern wähnen, einem wilden Tier zu entrinnen, Ketten zu sprengen, Räuber zu töten, den Göttern zu opfern oder sonst ein Traumerlebnis haben, wie es für Menschen charakteristisch ist, die einem Schrecken und einer Aufregung entronnen sind. So erging es auch dem Maler in Korinth, der häufig träumte, er begrabe seinen Herrn; das eine Mal glaubte er, das Dach des Hauses, in dem er sich aufhielt, stürze ein, das andere Mal, sein eigener Kopf sei ihm abgeschnitten. Nichtsdestoweniger blieb sein Herr am Leben und lebt noch heute. Weil der Mann aber von solchen Zeichen etwas verstand, trieb seine Seele kunstgerecht mit ihm ihr Spiel; denn dieselben Gesichte hätten einem anderen den Tod seines Herrn prophezeit. - (art)

Überlisten (2)  Der Egoismus ist eine so tief wurzelnde Eigenschaft aller Individualität überhaupt, daß, um die Thätigkeit eines individuellen Wesens zu erregen, egoistische Zwecke die einzigen sind, auf welche man mit Sicherheit rechnen kann. Zwar hat die Gattung auf das Individuum ein früheres, näheres und größeres Recht, als die hinfällige Individualität selbst: jedoch kann, wann das Individuum für den Bestand und die Beschaffenheit der Gattung thätig seyn und sogar Opfer bringen soll, seinem Intellekt, als welcher bloß auf individuelle Zwecke berechnet ist, die Wichtigkeit der Angelegenheit nicht so faßlich gemacht werden, daß sie derselben gemäß wirkte. Daher kann, in solchem Fall, die Natur ihren Zweck nur dadurch erreichen, daß sie dem Individuo einen gewissen Wahn einpflanzt, vermöge dessen ihm als ein Gut für sich selbst erscheint, was in Wahrheit bloß eines für die Gattung ist, so daß dasselbe dieser dient, während es sich selber zu dienen wähnt; bei welchem Hergang eine bloße, gleich darauf verschwindende Chimäre ihm vorschwebt und als Motiv die Stelle einer Wirklichkeit vertritt. Dieser Wahn ist der Instinkt.  - (wv)

Überlisten (3)  Zeus, der gerade noch der Rache des Asopos entgangen war, befahl seinem Bruder Hades, Sisyphos in den Tartaros zu holen und ihn ewiglich für den Verrat göttlicher Geheimnisse zu bestrafen. Doch Sisyphos war nicht zu überlisten. Schlauerweise fesselte er Hades selbst in seinen eigenen Fesseln, indem er ihn überredete, ihm doch zu zeigen, wie man diese verwendet, und sie dann schnell zuschloß. So war Hades einige Tage im Hause des Sisyphos gefangen. Dies war eine widernatürliche Situation, denn niemand konnte sterben; selbst nicht die Männer, die enthauptet oder gevierteilt worden waren.   - (myth)

Überlisten (4)   Unthätig bin ich gar nicht - ich nähere mich jezt auf einer andern Seite meinem alten Ziele - und bevor ich dis nicht habe, denk ich auch nicht ans Stillsitzen und ausruhn. Manches kann man nicht directe fassen und da thut man gut, wenn man sich stellt, als gienge man nach einer andern Seite, so kommt man ihm unvermuthet nah. - Novalis an Friedrich Schlegel (3. Mai 1797)

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