Üebelwollen   Das Uebelwoilen in den niederen Graden ist sehr häufig, ja, fast gewöhnlich, und es erreicht leicht die höheren, Goethe hat wohl Recht zu sagen, daß in dieser Welt: Gleichgültigkeit und Abneigung recht eigentlich zu Hause sind. Es ist sehr glücklich für uns, daß Klugheit und Höflichkeit ihren Mantel darüber decken und uns nicht sehn lassen, wie allgemein das gegenseitige Uebelwoilen ist und wie das bellum omnium contra omnes wenigstens in Gedanken fortgesetzt wird. Aber gelegentlich kommt es doch zum Vorschein, z. B. bei der so häufigen und so schonungslosen übeln Nachrede: ganz sichtbar aber wird es bei den Ausbrüchen des Zorns, welche meistens ihren Anlaß um ein Vielfaches übersteigen und so stark nicht ausfallen könnten, wenn sie nicht, wie das Schießpulver in der Flinte, komprimirt gewesen wären, als lange gehegter im Innern brütender Haß.

Großentheils entsteht das Uebelwoilen aus den unvermeidlichen und bei jedem Schritt eintretenden Kollisionen des Egoismus. Sodann wird es auch objektiv erregt, durch den Anblick der Laster, Fehler, Schwächen, Thorheiten, Mängel und Unvollkommenheiten aller Art, welchen, mehr oder weniger, Jeder den Andern, wenigstens gelegentlich, darbietet. Es kann hiemit so weit kommen, daß vielleicht Manchem, zumal in Augenblicken hypochon drisch er Verstimmung, die Welt, von der ästhetischen Seite betrachtet, als ein Karikaturenkabinet, von der intellektuellen, als ein Narrenhaus, und von der moralischen, als eine Gaunerherberge erscheint. Wird solche Verstimmung bleibend; so entsteht Misanthropie. - Endlich ist eine Hauptquelle des Uebelwollens der Neid; oder vielmehr dieser selbst ist schon Uebelwoilen, erregt durch fremdes Glück, Besitz oder Vorzüge. Kein Mensch ist ganz frei davon, und schon Herodot hat es gesagt: Der Neid ist dem Menschen von Anbeginn angeboren. Jedoch sind die Grade desselben sehr verschieden. Am unversöhnlichsten und giftigsten ist er, wann auf persönliche Eigenschaften gerichtet, weil hier dem Neider keine Hoffnung bleibt.   - Arthur Schopenhauer, Preisschrift Über die Grundlage der Moral (1840)

 

Übel Wollen Schlechtigkeit

 

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