Tütensuppenfabrik    Ich ging einmal um die Halle herum und fand eine lose Klappe Über einer Was-sernnne, die gleich daneben unter einem Blech im Boden verschwand. Ich hob die Klappe an und horchte. Nichts passierte. Zwischen Klappenangeln und Rinnenboden waren etwa dreißig Zentimeter Luft. Bis zum Bauch kam ich glatt durch, dann führten zwei Umstände zur Fast-Ohnmacht: Erstens klemmte ich mir den Atem ab, zweitens schlug mir ein dermaßen strenger Uringeruch entgegen, als kochten sie das Zeug hier zu Essenzen. Keuchend quetschte ich mich Zentimeter um Zentimeter weiter. Keine Luft zu bekommen war schon ziemlich schlecht, noch schlechter war es, diese Luft zu bekommen. Wer pißte so was? Tütensuppenmischer? Der fette Hesse? Das hübsche Fräulein aus dem Sekretariat? Endlich drin, zog ich den Beutel hinterher, richtete mich auf und knipste die Taschenlampe an. Möglicherweise bin ich idealistischer oder autoritätsgläubiger, als ich wahrhaben möchte - jedenfalls versetzte mich der Zustand der Großraumtoilette dieses immerhin eine Art von Lebensmittel produzierenden Betriebs in Fassungslosigkeit. Das war nicht einfach nur ein bißchen auf die Brille gekleckert, hier fand ganz offensichtlich ein Wettbewerb statt, wer die größte Sauerei hinterließ. In den Ecken häufte sich benutztes Toilettenpapier, die ehemals weißen Kacheln um die Pissoirscbüsseln überzog eine trübe, fleckige, zum Teil kristallisiert wirkende Schicht, und den Boden bedeckte eine einzige dicke, oder tiefe, jedenfalls beim Auftreten leicht nachgebende, klebrige Schliere. Ich machte, daß ich rauskam.

Vor der Toilette befand sich eine Pausenecke mit Kaffee- und Getränkeautomat, daneben ein kleines Büro hinter Glas.   - Jakob Arjouni, Kismet. München 2006

Suppe Fabrik

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 

 

Unterbegriffe

VB

 

Synonyme