ümpel  Der Tümpel, das Entzücken meiner frühesten Kindheit, ist auch heute in meinen alten Tagen immer noch ein Anblick, an dem ich mich nicht satt sehen kann. Welch munteres Gewimmel in dieser grünenden Welt aus Wasserfäden und Algen! An den Ufern auf dem lauwarmen Schlamm ruhen und zappeln in großen schwarzen Scharen die kleinen Kaulquappen der Kröten; tiefer unter der Wasseroberfläche steuert der Molch lässig seinen orangegelben Bauch mit dem breiten Ruder seines platten Schwanzes durch das Wasser; zwischen den Binsen. stehen ganze Flottillen von Köcherfliegenlarven, die halb aus ihrem Gehäuse herausragen und hier wie entzückende Bündel aus Spänen, dort eher wie kleine Türmchen aus winzigen Muscheltierchen aussehen.

Tief unten taucht der Schwimmkäfer, ausgestattet mit besonderen Atemreserven: am Ende seiner Flügel Luftblasen und unterhalb des Brustkorbs eine gashaltige Tracheenkieme, die wie eine silberne Rüstung funkelt; an der Oberfläche dreht und wendet sich gleich metallisch glänzenden Perlen das Ballett der Kreiselkäfer; daneben schweben unversenkbar ganze Ansammlungen von Teichläufern, die mit schrägen Flügelschlägen vorwärtsgleiten so etwa wie der Schuster bei seiner Näharbeit.

Und hier entdecken wir die Notonectidae, die Rückenschwimmer, die mittels zweier kreuzförmig zusammengelegter Schwimmruder auf dem Rücken dahingleiten, und die Nepidae, die platten Skorpionwanzen, die stark an Skorpione erinnern; und dort taucht, über und über schmutz- und schlammbedeckt, die Larve unserer größten Libellenart auf, die sich auf ganz seltsame Weise fortbewegt: Sie füllt ihren Enddarm, einen geräumigen Trichter, mit Wasser, preßt dieses wieder aus und kommt durch den Rückstoß ihrer hydraulischen Anlage ein gutes Stück voran.

Auch Weichtiere, ein friedliches Völkchen, finden wir im Überfluß. Unten am Grund heben die etwas bauchigen Paladine vorsichtig ihren Kapseldeckel in die Höhe und öffnen so ein wenig den Fensterladen ihrer Behausung; an der Wasseroberfläche, in den Lichtungen der Wassergärten, atmen Wasserflöhe, Schlammschnecken und Wasserlungenschnecken. Schwarze Blutegel drehen und winden sich auf ihrer Beute, einem Stück Regenwurm; tausende von rötlich schimmernden Larven, die sich in Mücken verwandeln werden, wirbeln im Kreis herum und krümmen sich elegant wie Delphine.

Eine etwas größere, in der Sonne brütende stehende Wasserfläche ist in der Tat eine unendliche unübersehbare Welt, eine unerschöpfliche Fundgrube für den wissenschaftlichen Forscher, ein wahres Wunderland für jedes Kind, das sich, seines Papierschiffchens müde geworden, endlich anschickt, einmal nachzuschauen, was es da mitten im Wasser alles zu sehen gibt. Ich will hier die mich bis heute bewegenden Erinnerungen an meinen ersten Tümpel festhalten, an jene Zeit also, in der mein damals gerade sieben Jahre altes Gehirn anfing, sich bestimmte Vorstellungen von den Dingen zu machen. - (fab2)

Tümpel (2)  »Gute Jagd!« rief Kaa, und wie immer wurde Mowgli ein paar Dutzend Meter weit fortgeschleudert. Keuchend und lachend erhob er sich, das Gesicht voller Erde, und folgte dem weisen Kaa zu seinem Lieblingsbadeplatz. Es war ein tiefer, pechschwarzer Teich, von Felsen umsäumt, und vom Grunde ragten seltsame Baumstrünke empor. Nach Dschungelart tauchte der Knabe lautlos hinein, schwamm unter Wasser dahin, stieg wieder geräuschlos auf, warf sich auf den Rücken, die Arme unter dem Kopf gekreuzt, und sah den Mond über den Felsen aufsteigen. Kaas diamantener Kopf durchschnitt messerscharf den Tümpel, tauchte auf und ruhte dann auf Mowglis Schulter. Still lagen sie und ließen wohlig das kühle Wasser ihre Glieder umspülen.

»Herrlich ist das«, sagte Mowgli schläfrig nach langem Schweigen. »Das Menschenvolk, wie ich mich entsinne, legte sich zu dieser Stunde auf harte Bretter im Innern einer Falle aus Lehm; alle reinen Winde schlossen sie sorgfältig aus, zogen stinkige Tücher über ihre Köpfe und sangen abscheulich durch die Nasen. Besser ist es, in der Dschungel zu sein.«  - Rudyard Kipling, Das neue Dschungelbuch, nach (ki)

Tümpel (3) Lagebericht Nr. 9  Wir sind voller Jubel! Eine wachsende Euphorie hat uns bei unserer Fortbewegung durch die großen Gänge erfaßt. Wir haben keine weitere Spur von unseren Mitpassagieren angetroffen, und es scheint jetzt wahrscheinlich zu sein, daß wir einer der eingebauten Krümmungen der Station gefolgt waren und unsere eigenen Spuren kreuzten.

Diese winzigen Rückschläge zählen jetzt aber überhaupt nicht. Wir haben die unbegrenzte Größe der Station akzeptiert, und dieses Bewußtsein erfüllt uns mit Gefühlen nahezu religiöser Natur. Unsere Meßinstrumente bestätigen, was wir seit langem vermutet haben, nämlich, daß der leere Weltraum, durch den wir von unserem eigenen Sonnensystem aus gereist sind, in Wahrheit innerhalb der Station liegt, einer der vielen ungeheuren Tümpel, die in ihren endlos gekrümmten Wänden eingelassen sind. Unser Sonnensystem und seine Planeten, die Millionen anderer Sonnen-Systeme, die unsere Galaxis bilden, und die Inseluniversen selbst liegen alle innerhalb der Grenzen der Station. Die Station ist von gleicher Dauer wie der Kosmos. Unsere Pflicht ist es, sich quer durch sie auf eine Reise zu begeben, deren Ausgangspunkt wir bereits zu vergessen begonnen haben, und deren Bestimmungsort die Station selbst ist, jedes Bodendeck und jeder freie Platz darin.

So ziehen wir weiter, aufrechterhalten durch unseren Glauben an die Station, im Bewußtsein, daß jeder Schritt, den wir tun, uns erlaubt, einen kleinen Teil dieses Ziels zu erreichen. Durch ihr Vorhandensein erhält uns die Station aufrecht und gibt unserem Leben den einzigen Sinn. Wir schätzen uns glücklich, daß wir als Gegenleistung unsererseits begonnen haben, die Station anzubeten.

Geschätzter Durchmesser: 15 000 Lichtjahre.  - J. G. Ballard, Bericht über eine unbekannte Raumstation. In: Phantastische Welten, Hg. Franz Rottensteiner. Frankfurt am Main 1984

Tümpel (4, chinesischer) Es kam ein Streifen schwarzea Wassers in Sicht. Wo Ma Jung hineingestapft war, stiegen noch Blasen auf. Die Luft roch faulig.

Richter Di bückte sich und bückte unter die überhängenden Zweige. Plötzlich zuckte er zurück.

Aus dem Wasser tauchte langsam ein merkwürdig aussehendes Haupt auf, das sie mit gelben Augen anstarrte.

Ma Jung holte Atem und hob seinen Speer. Aber der Richtet hielt seinen Arm zurück.

Langsam arbeitete sich ein riesiger Salamander aus dem Teich. Sein schleimiger Leib war über fünf Fuß lang. Als er das Ufer erreicht hatte, glitt er schnell wieder unter die Wasserpflanzen.   - Robert van Gulik, Mord im Labyrinth. Zürich 1985

Tümpel (5)   „Es wird oft gesagt“, schrieb Darwin 1871 an einen Freund, „daß all die Bedingungen, die jemals für die erstmalige Entstehung eines lebenden Organismus bestanden haben, auch heute noch vorhanden sind. Aber wenn (und Oh! was für ein großes ‚wenn‘!) wir uns vorstellen, daß in einem kleinen warmen Tümpel, in dem alle Arten von Ammoniak und phosphorhaltigen Salzen, Licht, Wärme, Elektrizität usw. vorhanden waren, sich eine Eiweißverbindung bildete und dabei war, noch kompliziertere Verwandlungen zu durchlaufen, dann würde am heutigen Tage ein solcher Stoff augenblicklich verzehrt oder absorbiert werden, und genau das konnte vor der Entstehung lebender Wesen nicht der Fall gewesen sein.“

Darwin war auch bei der Frage nach der Entstehung des Lebens auf der richtigen Spur. Zwar widerlegte zu jener Zeit der große französische Bakteriologe Louis Pasteur ein für allemal die damals weitverbreitete Auffassung von der spontanen Entstehung neuen Lebens aus Schlamm. Aber Darwins scharfsinnige Überlegung zeigte, daß unsere heutige Welt ein schlechtes Beispiel für die Umweltbedingungen ist, denen sich die allerersten Lebewesen anpassen mußten: Einmal entstanden, ließ das Leben keinen zweiten Sprung von unbelebter zu belebter Natur mehr zu - weil Möchtegern-Organismen unweigerlich dem steten Hunger des schon vorhandenen Lebens zum Opfer fallen müssen. - Annelies Furtmayr-Schuh und Günter Haaf, Als das Leben laufen lernte

Teich Wasser, stehendes
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