rübe
Künstler? Ein Künstler im Lande des Schnees,
im Lande der Finnen, wo alles naß, glatt, flach,
bleich, grau und neblig ist! Diese Künstler gleichen gar nicht den italienischen
Künstlern, die so stolz und heißblütig sind wie Italien und sein Himmel; sie
sind vielmehr zum größten Teil ein gutmütiges, sanftes Völkchen, schüchtern
und sorglos. So ein Künstler hängt mit einer stillen Liebe an seiner Kunst,
trinkt in seinem kleinen Zimmer mit zwei Freunden Tee, spricht bescheiden über
den geliebten Gegenstand und denkt niemals an einen Überfluß. So ein Künstler
lädt irgendeine alte Bettlerin zu sich ein und zwingt sie geschlagene sechs
Stunden zu sitzen, um ihre elende, ausdruckslose Miene auf die Leinwand zu bannen.
Er zeichnet die, perspektivische Ansicht seines Zimmers, in dem allerhand künstlerisches
Gerumpel herumliegt: Hände und Füße aus Gips, die durch die Zeit und den Staub
kaffeebraun geworden sind, zerbrochene Staffeleien, eine umgeworfene Palette;
einen Freund, der die Gitarre spielt, mit Farben beschmierte Wände und ein offenes
Fenster, durch das man die blasse Newa und arme Fischer in roten Hemden sieht.
Sie haben fast alle ein graues, trübes Kolorit - den unauslöschlichen Stempel
des Nordens.
- Nikolai Gogol, Der Newskij-Prospekt,
In: N. G., Petersburger Erzählungen. Wiesbaden 2015 (zuerst ca. 1850)
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