- Friedrich Gerstäcker, Unter dem Äquator. Nördlingen 1987 (Greno 19 | 20
Nr. 35, zuerst 1860)
Tropennacht (2) Stellen Sie sich vor,
was es für einen in der Stadt geborenen Brasilianer
bedeutet, die Nacht im Freien zu verbringen. Ich habe lange gebraucht, um mich
daran zu gewöhnen - wegen des nächtlichen Tierzeugs, der Insekten, Fledermäuse,
Vampire, Klapperschlangen, die man im Bambusgehölz rascheln hört; wegen der
sogenannten Palmenratten oder fliegenden Füchse, die schwerfällig flattern und
einem auf den Kopf zu fallen drohen. Dann ist da noch ein riesengroßer, aschgrauer
Raubvogel, der die ganze Nacht lang auf dem Dach des Kaiserpalastes zu sitzen
und zu heulen pflegt; dabei dreht und wendet er sich unaufhörlich und sträubt
seine Federn mit einem Geräusch, als wenn man eine Marquise hinaufzieht. Sein
Schrei hat etwas Groteskes, Unheilvolles, ich fürchte mich davor. Ich bin feige.
Noch heute kann es passieren, daß ich aufspringe und mich ins Haus flüchte,
weil ich es nicht mehr aushalte, und die Tür hinter mir zuschlage und die Riegel
vorschiebe. Dann sitze ich zitternd da, bis zum Morgen, und die Pfeife klappert
mir gegen die Zähne. -
Blaise Cendrars, Sternbild Eiffelturm. Zürich 1982 (zuerst 1949)
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