Trompeter Jetzt betritt ein Mann die Bühne, der ein paar Worte ins Mikrofon sprechen will, doch da das Publikum Louis erwartet und dieser Mann ihm im Wege steht, sind die Cronopien stinkwütend und machen ihn fertig, indem sie die Rede des Mannes völlig übertönen, und nur zu sehen ist, wie der den Mund auf- und zumacht, wodurch er ganz erstaunlich einem Fisch in einem Goldfischglas ähnelt. Da Louis ein ganz enormes Cronopium ist, tut ihm die untergegangene Rede leid, und plötzlich erscheint er durch eine kleine Seitentür, und das erste, was man von ihm sieht, ist sein großes weißes Taschentuch, ein Taschentuch, das in der Luft flattert, und dahinter einen Goldstrahl, der auch in der Luft flackert, und der Louis' Trompete ist, und dahinter, aus der Dunkelheit der Tür auftauchend, das andere Dunkel voller Licht, Louis, der die Bühne betritt, und die Welt hat geendet, denn was jetzt kommt, ist der völlige und endgültige Einsturz der Etagere und das Endes des cariyù. Hinter Louis kommen die Jungs vom Orchester, und da ist Trummy Young, der die Posaune bläst, als hielte er eine nackte, honigfarbene Frau in den Armen, und Arvel Shaw, der den Kontrabaß spielt, als hielte er eine nackte, dunkelhäutige Frau in den Armen, und Cozy Cole, der sich über dem Schlagzeug wiegt wie der Marquis de Sade über den Hintern acht nackter, ausgepeitschter Frauen, und dann kommen noch zwei Musiker, an deren Namen ich mich nicht erinnern will, und die, ich glaube, durch ein Versehen des Impresarios hier sind oder weil Louis ihnen unter dem Pont Neuf begegnet ist und ihr ausgehungertes Gesicht gesehen hat und einer von ihnen auch noch Napoleon heißt, was für ein so ungeheures Cronopium wie Louis ein unwiderstehliches Argument ist.

Unterdes ist die Apokalypse hereingebrochen, denn Louis zückt einfach nur sein goldenes Schwert und die erste Phrase von When it's sleepy time down South überfällt die Leute wie die Liebkosung eines Leoparden. Aus Louis' Trompete kommt die Musik wie die Spruchbänder aus den Mündern der alten Heiligen, in der Luft zeichnet sich ihre warme gelbe Schrift ab, und nach diesem ersten Signal bricht Muskrat Ramble los, und wir im Parkett klammern uns an allem fest, was wir zu fassen kriegen, und noch dazu an den Sitznachbarn, womit der Saal einer großen Gesellschaft verrückt gewordener Kraken ähnelt, und in deren Mitte Louis mit verdrehten Augen hinter seiner Trompete, mit seinem wehenden Taschentuch, das ständig etwas verabschiedet, von dem man nicht weiß, was es ist, als müßte Louis die ganze Zeit adieu zu dieser Musik sagen, die er hervorbringt und die sich augenblicklich auflöst, so als wüßte er um den ungeheuren Preis dieser seiner wunderbaren Freiheit. Natürlich machen bei jedem Chorus, wenn Louis den Looping seiner letzten Phrase fliegt und das goldene Band wie mit einer aufblitzenden Schere jäh abgeschnitten wird, die Cronopien auf der Bühne Luftsprünge in alle Richtungen, während die Cronopien im Saal sich begeistert auf ihren Plätzen wiegen, und die Famen, die aus Versehen in dieses Konzert gekommen sind, oder weil man eben hingehen mußte oder weil es teuer ist, sich gegenseitig mit gekünstelt liebenswürdiger Miene anblicken, doch sie haben natürlich nichts verstanden, der Schädel brummt ihnen ganz entsetzlich, und überhaupt möchten sie lieber zuhause sein und die gute, von guten Ansagern empfohlene und erläuterte Musik hören, oder irgendwo sonst, mehrere Kilometer vom Theater der Champs-Elysées entfernt.

Abgesehen von dem ungeheuren Beifall, der über Louis hereinbricht, kaum daß er seinen Chorus beendet hat, ist beachtenswert, daß er selbst sich sofort sichtlich begeistert von sich selbst zeigt, mit seinem großen Gebiß lacht, das Taschentuch schwenkt und auf der Bühne auf und ab geht, wobei er mit seinen Musikern Worte der Zufriedenheit wechselt, völlig zufrieden mit dem, was sich gerade abspielt. Dann, als Trummy Young seine Posaune ansetzt und eine phänomenale Salve kartätschender und schlitternder Töne hervorstößt, nutzt er die Gelegenheit, um sich mit seinem Taschentuch sorgfältig das Gesicht abzutrocknen, und zugleich mit dem Gesicht den Nacken und, ich glaube, sogar die Augen, nach der Art zu schließen, wie er sie sich reibt. Jetzt werden wir die Requisiten entdecken, die Louis dabei hat, um sich auf der Bühne wie zuhause zu fühlen und zu tun, wonach ihm der Sinn steht. Er benutzt zum Beispiel die Plattform, wo Cozy Cole, Zeus gleich, in übernatürlichen Mengen Funken und Blitze erzeugt, um den Stapel eines Dutzend weißer Taschentücher zu deponieren, die er sich eins nach dem anderen nehmen wird, sobald das vorherige suppig geworden ist. Natürlich kommt all dieser Schweiß irgendwoher, und nach wenigen Minuten spürt Louis, daß er anfängt, innerlich auszutrocknen, weshalb er sich einen ungeheuren Liebeskampf von Arvel Shaw mit seiner dunkelhäutigen Dame zunutze macht, um sich von der Plattform des Zeus ein außergewöhnliches, mysteriöses rotes Glas zu holen, schlank und sehr hoch, das einem Würfelbecher oder dem Gefäß des heiligen Grals ähnelt, und daraus eine Flüssigkeit trinkt, die seitens der anwesenden Cronopien zu den allerverschiedensten Zweifeln und Hypothesen Anlaß gibt, da jene nicht fehlen, die behaupten, daß Louis Milch trinke, während andere sich über diese Theorie entrüsten und erklären, daß in solch einem Glas nichts anderes sein könne als Stierblut oder kretischer Wein, was auf dasselbe hinausläuft, nur verschiedene Namen sind. - (cort)

 

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