rinkspruch »Meine Herren! Ich habe mir das Wort zu einem zwischen die offiziellen Toaste einzuschaltenden Trinkspruche erbeten und dasselbe erhalten. Er gilt einem Ehepaare, das heuer das Fest seiner hundertjährigen Vereinigung feiert, einem Jubelpaare, das Sie Alle kennen, dem Sie viel verdanken und bei dessen Kindern und Kindeskindern unser Verein häufig genug Ammendienste verrichtet hat. Da die Jubilare nicht anwesend sind, so gestatten Sie mir wohl, daß ich Sie vorher mit denselben bekannt mache. Der Gatte ist ein achtes Kind der Natur, uralter Herkunft. Seine Ahnen wollen schon bei der ersten und großartigsten aller Gründungen, der Schöpfung der Welt, als Zeugen gedient haben. Sämtliche Sprößlinge dieses Geschlechts haben das miteinander gemein, daß sie sehr aufbrausend sind. Unser Jubilar ward zwar bei Eingehung seiner Ehe gezwungen, etwas manierlich zu sein, und er ist es auch im großen und ganzen; jedoch zuweilen, wenn man sich nicht um ihn kümmert, und namentlich, wenn man ihn zu knapp im Getränke hält, macht sich sein angeborenes Temperament Luft; er schlägt dann rund herum alles kurz und klein und schont nichts, was ihm im Wege steht... Die Gattin ist ganz anderer Art. Ihr Geschlecht ist viel jünger als das ihres Mannes, obschon auch ihre Ahnen es allenfalls mit dem Alter der Freytag'schen aufnehmen können. Sie waren aber in der grauen Vorzeit sehr einfache und unbeholfene Leute.«

Nachdem der humoristische Redner des weiteren die Vorgeschichte der Wattschen Erfindung und die vollzogene Anmeldung seines Patents, als »Aufgebot« und »Verehelichung« eingekleidet, resümiert hat, fährt er fort: »Hundert Jahre sind seitdem vergangen. Die im Jahre 1775 vollzogene Ehe ist, trotz der großen Verschiedenheiten von Mann und Frau, eine der glücklichsten auf dem ganzen Erdenrunde und besteht noch heute. Sie ist aber auch die fruchtbarste. Ihre Sprößlinge zählen nach hunderttausenden. Mit sehr wenigen Ausnahmen sind diese die wohlerzogensten, fleißigsten und willigsten Geschöpfe. Sie kennen keine Ruhe bei Tag und Nacht und sind wahre Muster von Füg-isamkeitund Genügsamkeit... Wo man ihnen Hütten baut und sie richtig zu nehmen weiß, folgt Glück und Segen ihrem Einzuge auf dem Fuße.« - Dr. Ernst Engel 1875, nach: Dolf Sternberger, Panorama oder Ansichten vom 19. Jahrhundert. Frankfurt am Main 1974 (st 179, zuerst 1938)

Trinkspruch (2)  Die widderhörnichten Amalekiter, die geißbärtigen Midianiter und alle bockfüßer und wildfaune des Ostlandes hatten sich niedergelegt im gilbgrasichten wiesengrunde, gleich einer menge Heuschrecken, und ihre dromedare und elefanten waren nicht zu zählen, wegen ihrer schimmernden pracht, so in den augen der späher schmerzte, und sie schienen wie der sand am gestade des meeres; und es ergriff ein unreiner geist den Doktor Unspeakable, führete denselben zu mir in die einsame abtei meiner waldödschaft, und er sprach aus ihme: Wenn ich in das schofar meiner gewaltigen Überzeugungskunst blase, dann sollen es auch alle anderen, die mit mir sind; und auch du sollst ins horn stoßen und sprechen: »Auf den teufel ein echtes prosit, auf den lieben Herrn der heere der schwärmenden mistfliegen sowie auf den Dr. U., den bruder aller menschen, so ungetreuen willens sind ...« - JECHIEL HA-PENINI: HA-TOFET WA HA-KAVOD, nach (dru)

Trinkspruch (3)  Laurelle de Dinteville (1842-1861) war eines der unglücklichen Opfer und wahrscheinlich auch die Urheberin einer der entsetzlichsten Begebenheiten unter der Rubrik Verschiedenes im Zweiten Kaiserreich. Im Verlaufe eines Empfangs, den der Duc de Crécy-Couve, den sie einige Wochen später hätte heiraten sollen, gab, brachte die junge Frau einen Trinkspruch auf ihre zukünftige Schwiegermutter aus, wobei sie ihr Champagnerglas in einem Zug leerte und es dann in die Luft warf. Das Verhängnis wollte, dass sie genau unter einem riesigen Kronleuchter stand, der aus der berühmten Baucis-Werkstatt von Murano kam. Der Kronleuchter riss und verursachte bei seinem Fall den Tod von acht Personen, unter ihnen Laurelle und der alte Marschall de Crécy-Couve, der Vater des Duc, dem während des Russlandfeldzugs drei Pferde unterm Leib zusammengeschossen worden waren. Die Hypothese eines Attentats wurde nicht aufrechterhalten. François de Dinteville, der Onkel Laurelles, der bei dem Empfang zugcgen war, äußerte die Hypothese einer »Pendelverstärkung, die von den antagonistischen Vibrationsphasen des Kristallglases und des Kronleuchters ausgelöst wurden«, doch niemand wollte diese Erklärung ernst nehmen.   - (rec)

Trinkspruch (4)

(für andreas weitprecht)

kritztrank d krastenkrot,
wer denn teuffelt mir da?
hergschaut, d tonn glocht,
rumdreht, aufdreht, zuedreht!
nimms krüg'gen am kreuz,
d nasen schneuz,
ans aug reiß s frisch,
plotz tisch!
jagdäugel, sternbayr, breminger,
s lot vom schiff,
aqvam mansam, ja da hab d guardi!
dreh am krug bei, hirschbrei,
am met bei, schnarpf bei,
bier auch im weinbauch,
so der brauch unter leut.

trost mir am pontus ja,
da gehets besser gar

malmö, 26 9 1663


- (artm)

Trinksprüche (5)

Dein bestes Glied sei immer frisch und enge,
Und nie fehl ihm ein Trost von guter Dick und Länge!

Der klugen Schönen Wohl, die uns mit Recht gefällt,
Handgreiflich disputiert und uns die Stange hält.

Nie fehl uns bei der Himmelfahrt
Die Seife für der Mädchen Bart.

Die Kuxe, Freund, die rechte, gute,
Und dein und meine Wünschelrute.

Sie halten still, ihr Nachbar greife,
Für ihn der Bart, für sie die Seife.

Den Schönen Reiz und Lüsternheit,
Dem Jüngling stete Fertigkeit,
Und beiden die Gelegenheit!

Die Nacht sei dir voll Lust, der Tag dir ohne Müh;
Noch fünfzig Jahre Knie an Knie!

Dem Degen viel Segen!
Der Scheide viel Freude!

Ein wenig Einerlei schwächt auch die stärksten Triebe,
Und darum lebt mit Recht der Wechsel in der Liebe!

An Ihn:
Stets mußt Du fertig sein, wenn sie es haben will!
An Sie:
Und wenn er fertig ist, so halte Du stets still!


- Johann Matthias Dreyer, nach: Dein Leib ist mein Gedicht. Deutsche erotische Lyrik aus fünf Jahrhunderten. Hg. Heinz Ludwig Arnold. Frankfurt / M. Berlin Wien 1973


Fest Trinken

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