Toter, dankbarer   Manche Gesellschaften lassen ihre Toten ruhen; unter der Bedingung, daß man ihnen periodisch bestimmte Ehrenbezeugungen darbringt, enthalten sie sich, die Lebenden zu stören; kehren sie zurück, um diese zu besuchen, so geschieht dies nur von Zeit zu Zeit und bei ganz bestimmten Gelegenheiten. Und ihr Besuch ist eine Wohltat, denn die Toten sichern durch ihren Schutz die regelmäßige Wiederkehr der Jahreszeiten, die Fruchtbarkeit der Gärten und der Frauen. Alles geht so vor sich, als bestünde ein Vertrag zwischen den Lebenden und den Toten: als Gegenleistung für den gebührenden Kultus, der ihnen geweiht ist, bleiben die Toten unter sich, und die zeitweiligen Begegnungen der beiden Gruppen sind stets vom Interesse der Lebenden beherrscht. Ein universelles Thema der Folklore bringt dies deutlich zum Ausdruck: das des dankbaren Toten. Ein reicher Held kauft Gläubigern, die sich dem Begräbnis widersetzen, einen Leichnam ab. Er gibt dem Toten eine Grabstätte. Dieser erscheint seinem Wohltäter im Traum und verspricht ihm Erfolg, unter der Bedingung, die erlangten Vorteile gerecht mit ihm zu teilen. In der Tat gewinnt der Held rasch die Liebe einer Prinzessin, die er mit Hilfe seines übernatürlichen Beschützers aus vielen Gefahren errettet. Soll er sie mit dem Toten teilen? Aber die Prinzessin ist verzaubert: halb Frau, halb Drache oder Schlange. Der Tote fordert sein Recht, der Held gibt nach, und der Tote, zufrieden mit dieser Loyalität, begnügt sich mit der bösen Hälfte, die er zu sich nimmt, und überläßt somit dem Helden eine humanisierte Gattin. - (str2)

Tote, dankbare (2)

- Robert Crumb

 

Tote Dankbarkeit

 

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